Bild nicht mehr verfügbar.

Mädchen werden mehr "beschützt", und damit weniger vorbereitet, Risikosituationen zu meistern als Burschen, so die Studie. 

Foto: AP / Henning Kaiser

Wie Geschlechterunterschiede entstehen, beleuchtet Bildungspsychologin Christiane Spiel anhand zahlreicher Studien. So zeigte etwa eine Elternbefragung von GymnasiastInnen der achten Schulstufe, dass bei der Frage nach der Eignung für bestimmte Studienfächer Mädchen deutlich bessere Aussichten für das Lehramt bzw. für Sprachstudien zugestanden wurden, während Burschen vor allem Maschinenbau und Mathematik zugetraut wurde. Für die Medizin zeigten sich keine Unterschiede.

Mädchen werden mehr "beschützt"

Bei vielen Studien zeigte sich auch, dass Eltern zumindest unbewusst geschlechtsstereotype Einstellungen zeigen. Konsequenz: Mädchen werden mehr "beschützt", und damit weniger vorbereitet, Risikosituationen zu meistern als Burschen. Mathematik und Naturwissenschaften werden als schwieriger für sie eingeschätzt - unabhängig von der tatsächlichen Leistung. Auf Knaben wird außerdem mehr Druck ausgeübt sich geschlechtsstereotyp zu verhalten als auf Mädchen, z.B. nicht mit Puppen zu spielen. Als Folge werden soziale Kompetenzen und Familienrollen weniger geübt. Da sie geschlechtstypisch mehr Risiken ausgesetzt sind, haben sie auch deutlich mehr Unfälle als Mädchen.

Gleiches gilt für LehrerInnen: In einer Befragungsstudie hielten 30 Prozent der Lehrkräfte Burschen für begabter in Physik als Mädchen, umgekehrt bezeichnete keine einzige Lehrperson Mädchen als begabter. Mädchen wiederum werden für fähiger gehalten, soziale Berufe auszuüben, Burschen werden naturwissenschaftliche Berufe empfohlen. Laut Spiel dominieren insgesamt "die Normen des 'high (over) achieving girl' und des 'underachieving boy'": Während gute Leistungen bei Mädchen auf Fleiß und Sorgfalt zurückgeführt werden, werden sie bei Burschen den vorhandenen Fähigkeiten zugeschrieben. Knaben bekommen mehr Aufmerksamkeit als Mädchen, aber auch mehr Tadel.

Die Konsequenzen dieser Einstellungen zeigen sich mit Fortlauf der Bildungskarriere: Während Kinder im Vorschulalter und in den ersten Schuljahren höchstens geringfügige Geschlechtsunterschiede hinsichtlich Interesse, Motivation und Leistung aufweisen, ändert sich dies mit Beginn des Jugendalters - und zwar zu Ungunsten der Mädchen hinsichtlich des naturwissenschaftlich-technischen Bereichs und zu Ungunsten der Knaben im Lesen. Mädchen sind im Schnitt sozial angepasster, fleißiger, ängstlicher und haben speziell weniger Selbstvertrauen, Burschen lernen weniger, gehen mehr Risiken ein und haben ein höheres Selbstvertrauen.

Aufnahmeprüfung Medizinstudium: Nachteile für Frauen

Derzeit am häufigsten diskutiert werden die Ergebnisse bei den Aufnahmeverfahren an den Medizinischen Universitäten: Jedes Jahr treten wesentlich mehr Frauen (zuletzt rund 55 Prozent) als Männer (rund 45 Prozent) zu den Tests an - aufgenommen werden aber jeweils weniger Frauen (zuletzt 43 Prozent). Frühere Analysen hatten gezeigt, dass Frauen immer schon zu Studienbeginn einen geringeren Prüfungserfolg hatten, ein Jahr später die entsprechenden Prüfungen aber mit Erfolg ablegten. Im Endeffekt schlossen dann mehr Frauen als Männer ein Medizinstudium ab.

Weitere Ergebnisse der Analyse der Bildungspsychologinnen Christiane Spiel, Barbara Schober und Monika Finsterwald: Bei gleichen Schulnoten erreichten Frauen beim Eignungstest deutlich schlechtere Leistungen als Männer. Daraus lässt sich ableiten, dass die Bewertungsgrundlagen für die Benotung von Burschen und Mädchen in der Schule nicht ident sind. Offensichtlich werden Mädchen für Fleiß, Mitarbeit etc. notenmäßig belohnt; während Knaben "strebern" als uncool ansehen und entsprechend auch schlechtere Noten erhalten. Folge: Bei Männern lassen gute Schulnoten auch einen Erfolg bei der Aufnahmeprüfung erwarten, bei Frauen aber nicht. Schlechte Schulnoten bei Männern wiederum ermöglichen keine gute Vorhersage für den Ausschluss vom Studium. (APA)