Bild nicht mehr verfügbar.

Die Geburt eines Kindes ändert laut Frauenbarometer die partnerschaftliche Aufteilung der Hausarbeit massiv zu ungunsten der Frau.

Foto: APA/Artinger

Wien - Klassische Haushaltsarbeit, wie Wäsche waschen, bügeln oder kochen, ist nach wie vor Angelegenheit der Frauen. Und zwar unabhängig davon, ob die Frau erwerbstätig ist oder nicht.

Das geht aus dem jüngsten SORA-Frauenbarometer hervor, dessen Ergebnisse Frauenstadträtin Sandra Frauenberger am Dienstag präsentierte. "Frauen haben sich sehr viel erkämpft, von echter Gleichstellung kann aber auch 100 Jahre nach dem 1. Internationalen Frauentag keine Rede sein", so die Wiener Frauenpolitikerin. "Wir müssen Halbe-Halbe aus der Mottenkiste holen und an die Spitze der Agenda stellen", so Frauenberger. Das Problem sei: "Jeder kennt Halbe-Halbe, aber kaum einer macht es." Die Frauenstadträtin kündigte daher für 2012 ein "Bewusstsein bildendes Halbe-Halbe-Revival" an.

Frau wäscht, bügelt und kocht

68 Prozent der befragten Frauen, die in Partnerschaft leben, gaben an, die Wäsche meist selbst zu waschen und zu bügeln. 23 Prozent machen diese Arbeit gemeinsam mit ihrem Partner, aber nur drei Prozent der Frauen erklärten, die Wäsche werde meistens von ihrem Partner erledigt. Ähnlich verhält es sich beim Thema Kochen: 56 Prozent gaben an, meistens selbst zu kochen, 34 Prozent kochen gemeinsam, aber nur acht Prozent der Frauen können diese Arbeit meistens dem Partner überlassen. Vom "Aufräumen und Reinigen der Wohnung" sind nur zwei Prozent der befragten Frauen durch ihre Partner befreit. 43 Prozent der Frauen putzen meistens selbst und weitere 43 Prozent erledigten es gemeinsam mit dem Partner.

Einflussgrößen Alter und Bildung

Frauen ohne Matura sind in noch stärkerem Ausmaß alleinverantwortlich für kochen (63 zu 44 Prozent), aufräumen (46 zu 37 Prozent) und Wäsche waschen (73 zu 50 Prozent) als Frauen mit Matura. Und ältere Frauen fühlen sich tendenziell in noch stärkerem Ausmaß allein zuständig für die Hausarbeit.

Berufstätigkeit fast ohne Auswirkungen daheim

Ob eine Frau erwerbstätig ist oder nicht, hat nur geringen Einfluss auf die Arbeitsteilung: Der Unterschied zwischen berufstätigen und nicht berufstätigen Frauen ist bei den meisten Tätigkeiten marginal und bewegt sich zwischen 1,5 und 5 Prozent. Eindeutige Veränderungen ergeben sich nur beim Kochen: 52 Prozent der erwerbstätigen, aber 68 Prozent der nicht-erwerbstätigen Frauen sind fürs Kochen meistens allein zuständig.

Kinder sind Müttersache

Auch die vor- und nachmittägliche Kinderbetreuung ist eine Frauendomäne. Für die Betreuung der unter 6-jährigen am Vormittag (Mehrfachnennungen) steht nach der Kinderkrippe bzw. dem Kindergarten (70 Prozent) die Mutter des Kindes mit 35 Prozent an zweiter Stelle und an dritter Stelle die Großmutter mit 12 Prozent. Am Nachmittag werden die Kinder unter 14 Jahren primär von der Mutter betreut (53 Prozent), gefolgt von Nachmittagsbetreuung (24 Prozent Schule, 22 Prozent im Kindergarten). Danach folgt wiederum die Großmutter (19 Prozent).

Der Großteil der befragten Frauen gab an, für den ÄrztInnenbesuch mit Kindern (66 Prozent), die Organisation von Kinderbetreuung im Notfall (58 Prozent) als auch für die Pflege kranker Kinder (56 Prozent) selbst zuständig zu sein. Demgegenüber ist der Prozentsatz an Partnern, die sich für diese Aufgaben allein engagieren, verschwindend gering und liegt zwischen einem Prozent (Pflege eines kranken Kindes) und drei Prozent (im Notfall Kinderbetreuung organisieren).

Das Kind als Wendepunkt

Wie die Ergebnisse der Befragung nahe legen, ändert die Geburt eines Kindes die partnerschaftliche Aufteilung der Hausarbeit massiv zu ungunsten der Frau. 58 Prozent der Frauen gaben an, dass bis zur Geburt ihres Kindes die Hausarbeit gerecht verteilt gewesen sei. Nur 28 Prozent der Frauen hatten bereits vor den Kindern mehr Arbeit als ihre Partner. In PartnerInnenschaften mit Kindern spricht nur mehr ein gutes Drittel (36 Prozent) von einem gleichberechtigten Haushalt, während die Haushalte, in denen die Frauen mehr Arbeit übernehmen als ihre PartnerInnen um 25 Prozentpunkte auf 53Prozent ansteigen. "Das heißt: Spätestens wenn das erste Kind da ist, schlagen traditionelle Rollenbilder und -verteilungen voll durch - sogar bei Frauen mit emanzipierten Einstellungen", so Frauenberger.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Aufteilung der Erwerbsarbeit: Während 62 Prozent der Frauen aussagen, vor der Geburt gleich viele Stunden erwerbstätig gewesen zu sein wie ihre Partner, gibt dies nur noch ein Drittel der Frauen mit kleinen Kindern an. Die gleich verteilte Erwerbsarbeit nimmt also um rund 30 Prozentpunkte ab und der Anteil jener Frauen, die weniger Stunden erwerbstätig sind als ihre Partnen, steigt von einem Fünftel vor der Geburt auf 52 Prozent in der Zeit danach.

Echte Gleichberechtigung nur im Bereich Ausbildung

Teil des Frauenbarometers waren auch Fokusgruppen, in denen über Rollenbilder, Gleichberechtigung und Frauenanliegen gesprochen wurde. Nach mehrheitlicher Ansicht der Frauen besteht volle Gleichberechtigung in Österreich derzeit nur im Bereich Ausbildung. Für alle anderen Bereiche (Erwerbstätigkeit, Hausarbeit, Wiedereinstieg und Vereinbarkeit) sehen Frauen die Gleichberechtigung nur teils-teils gegeben. Am schlechtesten wird die Einkommenssituation bewertet. Hier erkennen die Frauen die größte Ungleichheit zwischen Frauen und Männern.

Hochpolitische Ungerechtigkeiten

Der Umstand, dass Frauen nach wie vor den allergrößten Anteil der unbezahlten Arbeit wie Hausarbeit und Kinderbetreuung verrichten, habe weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen, kommentierte Frauenberger die Ergebnisse. Die ungerechte Verteilung der Familienarbeit trage mit Schuld an der auseinander klaffenden Lohnschere. "Die Frage, wer zu Hause die Windeln wechselt ist somit keine Privatangelegenheit, sondern hochpolitisch."

"Wiener Gleichstellungsmonitor" geplant

Um genauer zu wissen, wie sich die Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in Wien darstellt und entwickelt, plant Frauenberger einen "Wiener Gleichstellungsmonitor". Er soll periodisch erscheinen und die Problemlagen und Benachteiligungen von Frauen in Wien identifizieren. Der Gleichstellungsmonitor soll als Grundlage für die kontinuierliche Weiterentwicklung von Frauenfördermaßnahmen in Wien dienen. (red)