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"Unverhältnismäß": Bei einer sportlichen Niederlage reagieren sich enttäuschte Fans oft daheim ab - an ihren Frauen.

Foto: APA/EPA/TANNEN MAURY

Sportliches Fantum und Frustration über Niederlagen schlagen sich in der Polizeistatistik nieder: Das haben US-amerikanische Forscher nachgewiesen. In einer Studie, die im "The Quarterly Journal of Economics" publiziert wurde, zeigen sie, dass zehn Mal mehr Notrufe wegen häuslicher Gewalt gegen Frauen bei den lokalen Behörden eingehen, wenn Football-Spiele am Programm stehen, bei denen eine Heimmannschaft wider Erwarten verliert.

Keinen Anstieg der Gewalt konnten sie dann feststellen, wenn die Heimmannschaft unerwartet gewonnen hatte oder eine Niederlage schon vorab in Aussicht stand.

Bei Niederlagen Schläge

Football ist der Lieblingssport der AmerikanerInnen und wird emotional aufgeladen mitverfolgt. Durchschnittliche Reichweiten bei Fernsehübertragungen von Bezirks- und Landesliga-Spielen liegen bei mindestens 25 Prozent der lokalen Bevölkerung.

Die Enttäuschung über eine unerwartete Niederlage führe zu einem erhöhten Risiko, dass die Football-Fans unverhältnismäßig reagieren, schreiben David Card von der University of California, Berkeley, und Gordon Dahl, U.C. San Diego, in ihrer Studie, für die sie die Berichterstattung zu 900 NFL-Spielen analysiert haben.

"Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Anstieg von Gewalt gegen die Partnerin ganz vom schlechten Ausgang der Spiele abhängt, die den Fans wichtig sind", erklärt Card. Die Anrufe bei der Polizei würden zeigen, dass die Taten zeitnah zum Spiel stattfinden, nämlich in der letzten Stunde bzw. bis zu zwei Stunden nach dem verlorenen Spiel.

Enttäuschungen wiegen schwer

Card und Dahl sehen mit den Ergebnissen frühere Untersuchungen bestätigt, die besagen, dass unerwartete Enttäuschungen stärkeren Einfluss auf Affekthandlungen haben als freudige Überraschungen. "Das gilt nicht nur für den Football-Fan", sagt Card.

Die beiden Wissenschafter haben für ihre Untersuchung die Wettstatistiken mit dem tatsächlichen Endspielstand der einzelnen Spiele von sechs Teams der National Football League (NFL) - der Carolina Panthers, Detroit Lions, New England Patriots, Denver Broncos, Kansas City Chiefs und der Tennessee Titans - zwischen 1995 und 2006 verglichen. Diese Daten wurden mit den insgesamt 763 lokalen Polizeiberichten in den jeweiligen Bezirken abgeglichen, die das National Incident-Based Reporting System (NIBRS) sammelt.

Punchingball Frau

In einem Drittel der so untersuchten Spiele wurden die Heimteams mit mindestens vier Punkten Vorsprung bei den Buchmachern geführt. Wenn das favorisierte Team dann doch verloren hat, konnten Card und Dahl einen sprunghaften Anstieg der Berichte über männliche Gewalt gegen Partnerinnen feststellen, verglichen mit den Wochen ohne Spiel der Heimmannschaft.

Auch auf die jeweilige gegnerische Mannschaft kam es laut Studie an: Verlor das Heimteam gegen einen Erzrivalen, gingen die Notrufe um 20 Prozent in die Höhe. Bei Niederlagen gegen ein Team, das nicht traditionell feindlich besetzt war, stieg die Gewalt-Rate um nur acht Prozent.

Außerdem stellten die Forscher einen Zusammenhang zwischen häuslicher Gewalt und der Turnier-Phase der Mannschaften fest: Bei schwacher Leistung der Teams in den Playoffs mussten die Frauen mehr Gewalt erfahren. Kamen alle Faktoren - Playoffs, unerwartete Niederlage gegen Erzrivalen und schwache Spielerperformance - zusammen, kostatierten Card und Dahl einen Anstieg der Gewalt-Berichte um 17 Prozent. (red/dieStandard.at, 22.3.2011)