"Arbeit bleibt, AUF Hört auf", stand im Editorial der 149. AUF. Eva Geber war 35 Jahre dabei.

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Letztes Jahr um diese Zeit stand das große Jubiläum von Österreichs ältester feministischer Zeitschrift ins Haus. Im Mai wurde im Rathaus ein rauschendes Fest mit hunderten Frauen gefeiert um 36 Jahre "AUF. Eine Frauenzeitschrift" und ihre engagierten Autorinnen und Redakteurinnen zu ehren. Fast ein Jahr später wurde in der 149. Ausgabe, die das Thema 100 Jahre Frauentag zum Schwerpunkt hat, das Aus der AUF verkündet. Ausgerechnet zu diesem großen Jubiläum fällt jene Publikation, die die Frauenbewegung Jahrzehnte begleitet hat, sehr dünn aus. Im Editorial wurde der Entschluss zum Aufhören mit "prekären Arbeitsverhältnissen", "wenig Zeit und Energie" und auch damit begründet, dass die Frauen, die schon lange dabei sind, einfach "müde sind".

dieStandard.at sprach mit einer, die wirklich schon lange dabei ist. Seit 35 Jahren ist Eva Geber für die AUF im Einsatz. Sie erzählte im dieStandard.at-Interview mehr über die schwierige Lage, die die AUF-Frauen zu diesem Entschluss bewog und über ihre persönlichen Höhepunkte in 35 Jahren AUF.

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dieStandard.at: Frau Geber, Sie sind zur AUF schon kurz nach ihrer Gründung vor 36 Jahren gestoßen – warum kommt nun nach so langer Zeit das Aus?

Eva Geber: Ich habe schon vor anderthalb Jahren eine Warnung von der Gesundheitsfront bekommen, dass ich so nicht mehr weitermachen kann. Bis zu dem Zeitpunkt sind Endredaktion und auch das Layout meistens an mir gehangen und ich habe die anderen gebeten, die redaktionellen Tätigkeiten größtenteils zu übernehmen. Dann haben zwei jüngere Kolleginnen ein Projekt geplant, in Jugendzentren junge Frauen anzuwerben, um in die AUF reinzuschnuppern, mitzuarbeiten und mitzudiskutieren, was sehr schön gewesen wäre. Daraus ist aber nichts geworden. Die beiden erwähnten Frauen wollten damit auch eine Halbtagsstelle verbinden, was leider nicht geklappt hat.  Daraufhin konnten die beiden nicht mehr weitermachen. Und die zweite wichtige Säule seit ein paar Jahren neben mir, Britta Cacioppo, ist jetzt größtenteils im Ausland. Eigentlich waren es immer nur zwei Säulen.

dieStandard.at: Sie meinen damit Frauen, die sich auch um organisatorisches und Büroarbeit gekümmert haben?

Geber: Ja. Es war ja nie ein Problem Autorinnen zu bekommen. Über die Jahre haben über hundert Frauen in der AUF-Redaktion gearbeitet, sie schrieben Artikel, diskutierten mit und brachten frischen Wind in die Redaktion, gingen aber dann irgendwann wieder. Die redaktionelle Knochenarbeit habe ich sehr stark getragen, zusammen mit jeweils ein, zwei Frauen, die ebenfalls die Herausgabe getragen haben. Für die Büroarbeit haben wir eine geringfügig Beschäftigte gehabt, sie musste die Arbeit aber aufgrund eines AMS-Kurses aufgeben.

dieStandard.at: Von den Gründerinnen ist keine mehr dabei?

Geber: Nein, die blieben nur ein oder zwei Jahre. Ich bin keine Gründerin, ich bin ein Jahr nach der Gründung zur AUF gestoßen, ich habe mein halbes Leben für die AUF ehrenamtlich gearbeitet.

dieStandard.at: Es muss doch schon öfters Situationen gegeben haben, in denen das Weiterarbeiten auf der Kippe stand, oder?

Geber: Ja, das gab es schon öfters. Es waren aber zumindest immer drei Frauen da, die das auffangen konnten. Vor ein paar Jahren gab es eine ernste Krise, die mich sehr erschüttert hat. Wir fanden keinen Konsens mehr und unsere Entscheidungsfindung war sehr beeinträchtigt. Das hat uns fast zerrissen.

dieStandard.at: Sie haben im Editorial der aktuellen Ausgabe geschrieben, die "Medien haben sich verändert". Inwiefern? In Österreich tut sich in Sachen feministische Publikationen einiges.

Geber:  Ja, wir haben gewaltig viele Frauenzeitschriften, auch wenn hin und wieder eine eingeht. Aber einige halten sich schon sehr lange. Genauso wie es überproportional viele tolle Autorinnen gibt für so ein kleines Land. Innerhalb der Frauenbewegung sind einfach sehr viele schöpferische und kreative Frauen zugange. Diese Vielfalt ist toll. Marlene Streeruwitz hat mal ein feministisches Medienrestlessen vorgeschlagen: Alle gehen zusammen und machen gemeinsam eine größere feministische Zeitung. Das haben wir zwar angedacht, aber letztlich haben alle gemeint, dass das unmöglich sei. 

dieStandard.at: Im Editorial steht auch, die Rezeption und der Nachwuchs hätte sich verändert.

Geber: Die älteren Abonnentinnen sterben glatt aus, oder sie haben in der Pension nicht mehr so viel Geld für mehrere Abos. Da gibt es einen deutlichen Rückgang und die neuen und jüngeren Abonnentinnen kennen uns nicht, das wollten wir eben mit solchen Projekten ändern, wie eben in Jugendzentren gehen.

Wir haben immer auch viele junge Mitarbeiterinnen gehabt, die hier auch viel gelernt haben – vom Layout bis zum Reden halten. Viele haben sich natürlich dann einfach ihren Jobs widmen müssen und hatten dann keine Kraft mehr. Ich hab nebenbei bis vor eineinhalb Jahren sicher um die 20 Stunden pro Woche für die AUF gearbeitet. Engagement ist zwar etwas anderes als ein Hobby, aber ich hab das ebenso gern gemacht.

dieStandard.at: Hat die AUF kontinuierlich Förderungen bekommen?

Geber: Außer einer Publizistikförderung hat die AUF selber nichts bekommen, wir haben neben der Zeitschrift noch einen Verein, für den wir für Kulturveranstaltungen Förderungen beantragt haben. Was über die Veranstaltungen für unsere Organisationsarbeit reinkam, wurde der AUF gespendet. Zu diesen Veranstaltungen haben wir immer prominente Frauen wie Ruth Klüger, Frigga Haug oder Marlene Streeruwitz eingeladen, diese Veranstaltungen haben natürlich auch immer Zusatzarbeit bedeutet.

dieStandard.at: Wodurch haben sie die meiste Unterstützung für die Arbeit an der AUF bekommen?

Geber: Das Wichtigste waren da immer die Leserinnen, ihr Feedback oder das Nachbestellen von den Heften – wir haben ja immer Schwerpunktausgaben. Wichtig und aufbauend war auch, wenn wir bekannte Frauen angefragt haben, ob sie zu einem bestimmten Thema was schreiben wollen und diese dann meinten, dass sie sich geehrt fühlen. Die Zeitschrift hat ein sehr gutes Renommee. Dass die AUF von Anfang an "eine" Frauenzeitschrift hieß, und so auch auf die Vielfalt verwies und eine dienende Plattform für die diversen Darstellungen von Feminismus bot, war wesentlich für das Heft. Die Vielfalt des Diskurses war uns immer wichtig. Ich wurde oft auf Demos oder sonst wo von Frauen angesprochen, die meinten: Ihr habt das und das geschrieben, aber das kann man doch nicht einfach so sagen – das wurde doch nicht abgestimmt! (lacht) Es sollten eben die verschiedenen Meinungen abgebildet werden.

dieStandard.at: Was war für Sie der Höhepunkt bei der AUF-Arbeit der letzten 35 Jahre.

Geber:  Das waren für mich die beiden Sonderhefte zum Jahr 1938, die haben sich auch bis Deutschland herumgesprochen. 1988 ist das erste erschienen, also 50 Jahre nach Kriegsbeginn. Wir wollten in diesen Sonderheften nicht nur Opfern und Widerstandskämpferinnen Platz geben, sondern wir wollten auch Täterinnen und Mitläuferinnen sprechen lassen. Die haben uns allerdings die Tür vor der Nase zugeknallt. Wir hatten im ersten Sonderheft dann viele Interviews mit Widerstandskämpferinnen und auch mit Frauen, die überhaupt das erste Mal davon erzählt haben. Ein Jahr später haben wir für das zweite Sonderheft doch die Antworten der Mitläuferinnen bekommen. Für manche war es auch eine Katharsis und sie haben dann ihr Leben geändert, manche meinten über den Nationalsozialismus, dass es auch etwas Gutes gab – also es war in diesen beiden Ausgaben alles drinnen. Das Heft brachten uns besonders stark dahin, darüber nachzudenken, wie wir selber gehandelt hätten.

dieStandard.at: Welche feministischen Medien lesen Sie persönlich? Wenn es die AUF nicht mehr gibt, werden Sie sicher noch mehr in anderen Zeitschriften lesen.

Geber: Jetzt kommt der Finger in die Wunde, ich hab da ja meine ganze Kreativität reingelegt. Was, wenn ich unbedingt zur Feder greifen will? Aber es gibt einige gute Zeitschriften: Die an.schläge, die Frauensolidarität und es gibt auch andere Medien, wo Platz für Feminismus ist, wie etwa die Malmoe. Ich werde mich noch umschauen müssen, bis jetzt fehlt mir für mein Herzblut eine Zeitschrift, in der, wie in der AUF, ausführlich Platz für Reflexion und gründliche Auseinandersetzungen ist. (Die Fragen stellte Beate Hausbichler, dieStandard.at, 24.3.2011)