Studienautorin Biffl kritisiert die Schwerpunktsetzung der österreichischen Familienpolitik: "Zu viele Transferleistungen, zuwenig Dienstleistungen."

Foto: STANDARD/Cremer

Wien - Eine höhere Frauenerwerbsquote wirke sich positiv auf das Wirtschaftswachstum aus, zu diesem Schluss kommt eine am Mittwoch von Arbeiterkammer (AK) und ÖGB präsentierte Studie. Frauenbeschäftigung stehe in Zusammenhang mit der Wirtschaftsleistung eines Landes, erklärte Studienautorin Gudrun Biffl von der Donauuniversität Krems bei einer Pressekonferenz. Sie empfahl deshalb den Ausbau des Kinderbetreuungsangebots sowie eine bessere Vernetzung sozialer Dienstleistungen.

Skandinavien auch hier Vorreiter

Die Erwerbsquote der Frauen lag im EU-Durchschnitt laut Eurostat zuletzt bei 64,3 Prozent. Überdurchschnittliche Frauenerwerbsquoten weisen vor allem die skandinavischen Länder Dänemark (77,3 Prozent), Schweden (76,4 Prozent) und Finnland (73,5 Prozent) auf. Österreich liegt mit 69,6 Prozent etwas über dem Durchschnitt. Die niedrigsten Erwerbsquoten unter den Frauen haben Malta (40,8 Prozent), Italien (51,1 Prozent) und Ungarn (55,3 Prozent). Biffl betonte, dass die Frauenbeschäftigung hierzulande zwar bei rund 70 Prozent liegt, diese aber stark auf Teilzeitjobs zurückzuführen ist.

Ausweitung des Kinderbetreuungsangebots gefordert

AK und ÖGB pochten am Mittwoch auf ein "flächendeckendes und leistbares" Angebot an Kinderbetreuung, Pflege und anderen haushaltsnahen Dienstleistungen. Gerade kleinen Gemeinden in ländlichen und von Abwanderung bedrohten Regionen fehlt hierfür allerdings oft das Geld. Kooperation und Arbeitsteilung seien deshalb gefordert, so Biffl. "Es gibt bereits gute Kooperationsprojekte, derzeit hängen sie aber an einzelnen Personen. Es braucht aber eine umfassende Organisation", stellte sie fest.

Familienpolitik "nicht nachhaltig"

Kritik übte die Studienautorin an der österreichischen Familienpolitik: "Unsere Familienpolitik ist nicht nachhaltig. Österreich gibt zwar verhältnismäßig viel aus für die Familien, bei einem Großteil handelt es sich aber um Transferleistungen an Haushalte." Gleichzeitig werde aber kein Angebot geschaffen, das es Frauen ermöglicht, einen Beruf auszuüben. In Österreich sind laut OECD-Angaben 2003 2,5 Prozent des BIP als Geldleistung in Familien geflossen. Im Vergleich dazu waren es etwa in Frankreich oder Schweden nur rund 1,5 Prozent. In beiden Ländern wird hingegen mehr in Dienstleistungen investiert.

Laut Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, könnten Investitionen in den Sozialstaat nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern auch das Budget entlasten. Er nennt als Beispiele den flächendeckenden Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen. Dies würde direkt Arbeitsplätze schaffen, die Bauwirtschaft ankurbeln und indirekt Beschäftigung bringen. "Kinderbetreuung allein ist nicht der Schlüssel", räumt Achitz ein, aber doch ein sehr wesentlicher Beitrag.

Mehr Investionen im Sozialbereich

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek begrüßte heute die Ergebnisse der Studie: "Eine hohe Beschäftigungsquote von Frauen schafft mehr Wirtschaftswachstum. Aber mehr Frauenbeschäftigung erreichen wir nur, wenn die Kinderbetreuung weiter ausgebaut wird." Sie erneuerte deshalb ihre Forderung nach einer sofortigen Fortsetzung der Anstoßfinanzierung des Bundes für Kinderbetreuungseinrichtungen. In den letzten drei Jahren habe der Bund den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen mit insgesamt 45 Millionen Euro unterstützt. Dadurch entstanden 17.500 neue Betreuungsplätze und mehr als 6.000 neue Jobs.

Auch die Volkshilfe unterstützt die Forderung nach Investitionen in den Dienstleistungssektor. Als zentral sah Bundesgeschäftsführer Erich Fenninger in einer Aussendung den Ausbau von Sachleistungen an. Auch Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger erklärte in einer Aussendung: "Wer höhere Beschäftigung und höhere Staatseinnahmen ernten will, muss Investitionen im Sozialbereich säen." (APA)