Wien - Dass zwei sich einvernehmlich scheiden lassen, heißt noch gar nichts. Diese Erfahrung macht man beim Wiener Jugendamt fast täglich. In vielen Fällen haben es Ex-PartnerInnen so eilig, sich zu trennen, dass der wichtigste Punkt, der Umgang mit dem gemeinsamen Kind, oft nicht geregelt wird. Herta Staffa, Sprecherin der Magistratsabteilung 11 (Mag11): "Das ist vielen unangenehm, sie fürchten, dies könnte die Scheidung verzögern, und dann reden sie sich ein, es werde später, wenn die Wut aufeinander nachlasse, 'schon irgendwie gehen'."

"Irgendwie" geht es dann meistens doch nicht. Kurz nach der Trennung, wenn für die Geschiedenen alles neu ist (Wohnung, Lebensumstände, Finanzen), komme es am häufigsten zu Reibereien, berichten FamilienrichterInnen. Dann würden auch Unbeteiligte oft in die Querelen hineingezogen - etwa Kindergarten-Pädagoginnen. Es komme vor, dass Väter erst mitten im Kindergarten stehend erfahren, dass ihre Ex-Frau sie nicht auf die Abholungsliste setzen habe lassen, erzählt die Sprecherin des zuständigen Wiener Stadtrats Christian Oxonitsch, Michaela Zlamal: "Dann ist meist die Kindergarten-Leiterin die 'Böse'." Solche Probleme würden allerdings nur "in der Trennungsphase" auftreten - danach, wenn die Obsorge klar geregelt sei, gebe es zumeist keine Probleme.

"Das wird oft vermischt"

Überhaupt sieht man beim Wiener Jugendamt mehr Probleme mit dem Besuchsrecht als mit Obsorgefragen: "Das wird oft vermischt", sagt Staffa. Auch FamilienrichterInnen sehen das als Problem. Und es gebe "natürlich auch die Fälle, wo Frauen verhindern, dass der Ex-Mann das Kind sieht", sagt der Trauner Familienrichter Thomas Hacker. Allerdings: "Sehr häufig ist das nicht."

In Wien gibt es seit einigen Jahren die Einrichtung der "Besuchs-Cafés", wo jene Menschen, deren Ex-PartnerIn einen Besuch beim Kind verweigern, ihren Nachwuchs treffen können - unter Beobachtung von SozialarbeiterInnen und PädagogInnen. Die sollen herausfinden, wie der Umgang des (zumeist) Vaters mit dem Kind ist und ob die Anschuldigungen der Mutter stimmen. Zwei "Klassiker": "Er schimpft vor dem Kind über mich", "er kann nicht einmal mit dem Kind spielen."

"Das kommt leider vor"

Für diese Besuche gibt es ein Kontingent, das vom Bund subventioniert wird - allerdings ein sehr kleines Kontingent. Wer sein Kind öfter im Besuchs-Café sehen will, muss das zumeist selbst berappen: Bis zu 44 Euro kann eine Stunde Treffen kosten, wie eine Standard-Leserin schrieb.

"Das kommt leider vor", bestätigt das Wiener Jugendamt, hier sei eine Reform oder zumindest eine finanzielle Aufstockung des subventionierten Besuchsstundenkontingents, auf jeden Fall notwendig - und auch dringlicher als etwa die Einführung der verpflichtenden Obsorge. Mag11-Sprecherin Staffa: "Es darf ja kein Kriterium sein, dass jemand sein Kind nicht sehen kann, weil er es sich in diesem Monat nicht mehr leisten kann." (Petra Stuiber/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.4.2011)