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In der Bäuerinnenbefragung der ARGE aus dem Jahr 2006 gaben 68 Prozent an, den Beruf wieder zu wählen.

Foto: AP/Stache

Am 2. Februar 1898 gründete die Gutsfrau Elisabet Boehm gemeinsam mit 15 weiteren Frauen in Deutschland den ersten Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein. Er sollte unter anderem Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Frauen schaffen und die Anerkennung der hauswirtschaftlichen Arbeit als Berufsarbeit erwirken. "Sollten wir nicht Hausfrauenvereine haben wie die Männer ihre landwirtschaftlichen Vereine?", fragte sich Boehm damals, enttäuscht darüber, dass emsig mitarbeitende Landfrauen im "Bund der Landwirte" überhaupt nicht vertreten waren.

In Österreich ist heute die ARGE Bäuerinnen die bedeutendste Vertretung von Frauen in der Landwirtschaft und im ländlichen Raum: Ihr wichtigstes Anliegen ist die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Frauen. "1972 von Absolventinnen landwirtschaftlicher Schulen in den Bundesländern gegründet, zählt die Arbeitsgemeinschaft mittlerweile 190.000 Mitglieder", sagt Anna Höllerer, Vorsitzende der ARGE Bäuerinnen und Abgeordnete zum Nationalrat. "Unsere Angebote und Aktivitäteten richten sich nicht nur an Bäuerinnen, sondern an alle interessierten Frauen, die auf dem Land leben", betont die Bundesbäuerin.

Unternehmerinnen

Bäuerinnen sind heute vielfach Unternehmerinnen, ihr Alltag hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert: 42 Prozent der 180.000 landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich - also beinahe jeder zweite - werden heute von Frauen geführt, viele weitere Frauen arbeiten in der Betriebsführung mit - ob Ackerbau, Wein- und Obstbau oder in Gärtnereien.

Als überparteiliche Teilorganisation der Landwirtschaftskammer ist die ARGE auf Bundes-, Landes-, Gemeinde- und Bezirksebene organisiert. Die Mitglieder zahlen keinen Mitgliedsbeitrag, angeworben werden sie in Hausbesuchen direkt auf dem Land. Vertreten sind alle Generationen, von jung bis alt: "Wer einmal Mitglied ist, bleibt es in der Regel für immer", sagt Höllerer.

Seminare und Aktionen

Stand in der Gründungsphase die Lebensmittelverarbeitung im Mittelpunkt, so übernimmt die ARGE heute ein breit gestecktes Aufgabenfeld, das von Aus- und Weiterbildung im Agrar- wie im gesundheitlichen und sozialen Bereich bis hin zu kulturellen und (frauen-)politischen Themen reicht. Zu den fachspezifischen Angeboten, die auh helfen sollen, zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften, zählen etwa die Ausbildung zur Seminarbäuerin für Produktpräsentationen, Seminare zur Führung eines Heurigenbetriebs, zu Direktvermarktung oder Schule und Urlaub am Bauernhof. Alle zwei Jahre wird der, mittlerweile traditionelle, Bundesbäuerinnentag als Festveranstaltung jeweils von einem anderen Bundesland organisiert.

Zudem beteiligt sich die ARGE am, vom Lebensministerium koordinierten, Bildungsprojekt ZAM - Zukunftsorientierte Agrarwirtschaftliche Motivation, das die Chancengleichheit und Gleichstellung von Frauen und Männern im ländlichen Raum zum Ziel hat und die Unternehmerinnenkompetenz von Bäuerinnen stärken möchte. "Das Projekt soll Bäuerinnen firm machen, um in Entscheidungsgremien zu gehen", erklärt Anna Höllerer.

Gut vernetzt

Das Arbeitsprogramm der ARGE wird jährlich festgelegt, in Abstimmung mit den Anliegen der Bäuerinnen und Landfrauen auf Ortsebene. Die Funktionärinnen der ARGE Bäuerinnen sind bundesweit, aber auch international vernetzt, regelmäßig werden Treffen und Aktionen auf allen Ebenen organisiert. Auch für die Rechte der Frauen auf dem Land setzt sich die Organisation ein: "Zu den größten sozialpolitischen Errungenschaften der jüngeren Zeit zählt die Durchsetzung einer eigenen Pension für Bäuerinnen 1992 - bis dahin waren alle Bäuerinnen nur mitversichert", schildert Höllerer. "Aber auch die Anhebung und Valorisierung des Wochengeldes, der gesetzliche Mutterschutz für Bäuerinnen und die pensionsbegründende Anrechnung von Kindererziehungszeiten waren wichtige Meilensteine."

Bäuerinnenbefragung

Seit 1975 erhebt die ARGE alle zehn Jahre in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium mittels Fragebogen die Situation der Bäuerinnen in Österreich. Bäuerinnen beurteilen ihre Situation heute wesentlich kritischer als noch vor 20 Jahren: In der Befragung aus dem Jahr 2006 gaben 68 Prozent an, den Beruf, hätten sie die Wahl, wieder zu wählen. 1976 haben drei Viertel angegeben, die Berufswahl wieder so zu treffen. Als positive Aspekte ihres Berufs gaben Bäuerinnen in der Befragung Naturverbundenheit an und dass sie die Kinder im eigenen Betrieb mitbetreuen können. Bäuerinnen zwischen 61 und 70 Jahren bewerteten ihre Selbstständigkeit am höchsten. Negativ erleben Bäuerinnen die Abhängigkeit von finanziellen Förderungen und das niedrige Familieneinkommen; über ein Viertel beklagte das fehlende eigene Einkommen. (isa/dieStandard.at, 19.5.2011)