Jetzt haben wir es wieder einmal schwarz auf weiß: Österreichs weiblicher Nachwuchs sieht seine Zukunft bei Heim und Herd. So in etwa lautet die Message der brandneuen Jugendmonitor-Studie des Wirtschafts- und Familienministeriums, die am Montag präsentiert wurde.

Stereotypen regieren?

Besser hätten es die ÖVP-StrategInnen nicht lancieren können, um ihr Dogma von der "Wahlfreiheit" für Mütter einmal mehr empirisch unter Beweis zu stellen. Gleich hieß es bei der Pressekonferenz von Familienminister Mitterlehner dann auch, man "müsse Rollenbilder akzeptieren", die Politik dürfe nichts vorschreiben. Die Höhe der Frauenpensionen ist für die ÖVP also offensichtlich kein politisches Thema.

Skandalisierung gerechtfertigt?

Doch lässt sich aus dieser Studie tatsächlich eine einheitliche Aussage über die Familienvorstellungen von Jugendlichen treffen und ist die Skandalisierung der Ergebnisse somit gerechtfertigt? Immerhin 55 Prozent der befragten Mädchen befürworten die Aussage, Hausfrau sein zu wollen, wenn der/die PartnerIn so viel verdient, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Das liest sich in der Tat wie ein Schlag in die Magengrube von Feministinnen und Frauenpolitikerinnen, die für ein ökonomisch unabhängiges Leben von Mädchen und Frauen kämpfen.

In der Studie lassen sich aber auch noch andere Meinungen finden: Dieselbe Ansicht ("Hausmann sein") teilen nämlich auch 34 Prozent der Buben, was darauf schließen lässt, dass bei dieser Frage wirklich reines "Wunschdenken" Mutter des Gedankens war. Auch die Reaktion auf die Aussage "Die Männer sind genauso für die Kindererziehung verantwortlich wie die Frauen" liest sich nicht wie die Bestätigung reaktionärer Geschlechterstereotypen: 79 Prozent der Buben und 87 Prozent der Mädchen bejahten diese Aussage. Immerhin 75 Prozent der Frauen und 53 Prozent der Buben finden es gut, "wenn beide Elternteile abwechselnd einen Teil der Zeit in Karenz gehen und zu Hause bleiben". Am Telefon befragt, hört sich für Jugendliche eben vieles gut an, auch wenn sich die Aussagen als Ganzes genommen gehörig widersprechen.

Wunsch nach einem sorgenfreien Leben

Es mag schockieren, dass Mädchen die Option der Hausfrau für sich noch immer in Betracht ziehen. Wenn Scheidungsstatistiken, sich wiederholende Wirtschaftskrisen und die Ausdünnung der sozialen Sicherungssysteme nicht in Bezug zum eigenen Lebensentwurf gesetzt werden, grenzt das schon an pathologischer Realitätsverweigerung, könnte mensch meinen. Andererseits drückt dieser Wunsch aber nur auf stereotype Weise aus, was der Herzenswunsch ganz vieler ÖsterreicherInnen ist: nicht sinnentleert arbeiten zu müssen und dabei wohlhabend zu sein.

Es ist wirklich nicht schwer, aus Studien jene Aspekte herauszuholen, die für die eigene politische Agenda von Nutzen sind. Die Skandalisierung solcher Studien-Ergebnisse hilft aber am wenigsten jenen Frauen, die gern "die Wahl" auf ein unabhängiges Leben hätten - mehr wird ihnen von der Regierungspartei bis heute ja nicht zugestanden. Selbst die ÖVP weiß, dass adäquate Kinderbetreuung in Österreich an allen Ecken und Enden fehlt. Mit der Verwirklichung von tatsächlicher Wahlfreiheit für Frauen wäre deshalb schon einmal ein großer Brocken geschafft. Träumende Mädchen vorzuschieben, weil die eigene Umsetzungskraft fehlt, ist im Jahr 2011 hingegen der eigentliche Skandal. (freu, dieStandard.at, 23.5.2011)