Eine der Aktionen mit Symbolcharakter und mehr oder weniger Medienaufmerksamkeit: Die Frauenministerin wandelte am Internationalen Frauentag den Heldenplatz in den Heldinnenplatz um. Und?

Foto: Matthias Cremer

Für feministische Journalistinnen sind harte Zeiten angebrochen: Will frau einen Kommentar über Frauenpolitik in Österreich verfassen, steht frau vor dem Nichts. Dabei gäbe es genug Agenden, die endlich behandelt und gelöst gehören. Freilich, manch Wesentliches hat die Frauenministerin in dieser Legislaturperiode auch angesprochen, auch einige wenige, kleine, nein minimale Schritte in eine Richtung gefördert, die darauf hoffen lassen (aber eben nur hoffen), dass Frauen Männern endlich gleichgestellt sind.

Am Beispiel der Gehaltstransparenz im Rahmen der Gleichbehandlungsnovelle zeigte sich die lahme, in Österreich traditionsreiche Konsenspolitik: Die SPÖ-Frauenministerin macht einen Vorschlag, der vielen Feministinnen zu wenig weit geht, ihr ÖVP-Pendant rudert zurück, weil der Vorschlag zu radikal ist - und vice versa. Schließlich handelte es sich um einen Kniefall vor Wirtschaftsinteressen: Lediglich Betriebe mit mehr als 1000 MitarbeiterInnen sollen Gehälter offenlegen, Sanktionen gibt es für plaudernde ArbeitnehmerInnen, nicht aber für diskriminierende UnternehmerInnen.

Stetiger Kniefall

Dieser "Vorstoß" liegt aber Monate zurück - seither findet die Tatsache, dass Frauen - laut dem Frauenbericht 2010 - um 18 Prozent weniger verdienen keine politische Beachtung. Wobei in der Novelle auf Niedriglohnsektoren, die zu einer großen Mehrheit weiblich besetzt sind, gleich gar nicht eingegangen wurde. Einen ähnlichen Kniefall gab es bei der Quote. Die Koalitionsparteien haben sich auf niedliche 35 Prozent für staatsnahe Betriebe im Jahr 2018 geeinigt. Beides: Ein frauenpolitisches Fiasko.

Es ist damit zu rechnen, dass am Equal-Pay-Day (im Herbst) so wie auch beim - vor wenigen Wochen stattgefundenen - Töchter-Tag die politischen ProtagonistInnen wieder aus ihren Höhlen hervor treten, um Pseudo-Forderungen mit Symbolcharakter in die Mikrophone der JournalistInnen zu plärren. Logisch, dass in Zeiten des Katastrophen-Journalismus derart berechnendes Verhalten und lauwarme Ansagen unerhört bleiben und schon am gleichen Tag vergessen sind.

Was ist also passiert?

Dann wäre da die allgegenwärtige Sache mit Sexismus in der Werbung. Im vergangenen Jahr veranstaltete die Frauenministerin zu diesem Thema eine ganztägige, interessante und gut besetzte Podiumsdiskussion mit VertreterInnen und Fachleuten aus ganz Europa. Schließlich wurden dort Lösungsvorschläge und die Umsetzung in Österreich angedacht und diskutiert. Die Frauenministerin war nach etwa 20 Minuten von der Veranstaltung verschwunden und genauso schnell war auch das Thema vom Tableau. Was ist also seither passiert? Richtig: Nichts.

Bei der Diskussion um die gemeinsame Obsorge gab die Frauenministerin der ehemaligen Justizministerin zwar Kontra, sie verhedderte sich dabei aber in eine Väterrechtsdebatte, in der von Anfang an VertreterInnen aus Gewaltschutzzentren, Frauenhäusern und anderen Fraueneinrichtungen nicht im gleichen Ausmaß eingebunden waren, wie die Betroffenheits-Väter. In welchem Ausmaß Frauen in diesem Bereich noch geschröpft werden, wird sich an der neuen Justizministerin und am Widerstand der Frauenministerin zeigen. Aber Frauenpolitik ist das keine.

Dass sich die Regierung Anfang letzter Woche am Semmering darauf einigte, unter Dreijährige nun endlich staatlich institutionalisiert in Kinderbetreuungseinrichtungen zu versorgen, wird von der Frauenministerin als "moderne Familienpolitik" verkauft. Sie schubladisiert die Kinderbetreuung damit erneut selbst als Frauen-Angelegenheit per se und lässt die Verantwortung der Väter außen vor. In Anbetracht der Tatsache, dass die Barcelona-Ziele der Europäischen Union, welche die Betreuung von Kindern regelt, seit 2002 festgeschrieben sind, weiß frau nicht, ob Lachen oder Weinen angebracht ist.

Lästig sein sieht anders aus

Dann war da vor wenigen Monaten eine Phase, in der die Ministerin oft davon sprach, Politik für "Frauen zu machen, die es sich nicht aussuchen können". Da schlug vielen Feministinnen das Herz aus Freude schon einmal höher. Doch so sehr sich frau auch noch auf das Beobachten des politischen Geschehens konzentriert, davon ist bisher nichts zu vernehmen.

"Lästig sein" sagte Johanna Dohnal und zeigte es uns vor. Gabriele Heinisch-Hosek meinte bei einer Johanna-Dohnal-Veranstaltung ebenso, dass sie lästig sein werde - das habe sie von der "unbequemen Frauenministerin" gelernt. Lästig sein könnte sie, auch nebst Parteizwängen und Koalitionsvereinbarungen, denn in der Bundesregierung herrscht derartige Themenarmut und ein Visionen-Vakuum, dass es im Bereich des absolut Möglichen liegt, frauenpolitische Agenden auf das Tapet zu bringen, relevante Forderungen zu stellen und Visionen zu entwickeln. Aber was passiert? Nichts. Lästig sein sieht anders aus. (Sandra Ernst Kaiser, dieStandard.at, 7.6.2011)