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Die Barometer zeigen in Sachen Gleichstellung sehr unterschiedliches an. Die Differenzen machen sich vor allem daran fest, ob ein Mann oder ein Frau die Beurteilung macht.

REUTERS/Kham

Dass es für den Arbeitsmarkt nicht egal ist, ob Sie ein Mann oder eine Frau sind, ist mittlerweile gemeinhin bekannt. Frauen verdienen weniger und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für Familienkarenz (fast 90 Prozent), während Männer eine Karenz - wenn überhaupt - eher für Bildung nutzen. Zwar ist die Erwerbstätigkeit von Frauen gestiegen, was allerdings der Bereitschaft, Teilzeit zu arbeiten, zu verdanken ist und wenn es gar nichts für die Arbeit gibt, erledigen diese zu zwei Drittel Frauen. Mager ist hingegen ihre Präsenz in der Politik oder auch in der Wissenschaft. Statistiken und Studien über die verschiedensten Bereiche und Berufsfelder und deren unterschiedliche Entlohnungen und Arbeitsbedingungen für Männer und Frauen kommen uns laufend unter, doch irgendwie scheinen "leaky Pipelines" oder "gläserne Decken" immer nur andere zu betreffen. Individuelle Diskriminierungseingeständnisse sind trotz der erdrückenden Fakten eher selten zu hören, denn wer fühlt sich schon gerne als Opfer frauenfeindlich gesinnter Umstände, an denen frau als Einzelne nur wenig zu ändern vermag.

"Wetterlage zur Geschlechterdemokratie"

Damit aber die persönlichen Einschätzungen oder Vermutungen über die Ungleichbehandlung von Männer und Frauen am Arbeitsplatz nicht im individuellen Gedankenkarussell hängenbleiben, wurde im Dezember 2010 der "Gleichstellungsbaromenter" eingeführt. Das interaktive Online-Tool will die persönliche Bewertung des Gleichberechtigungsgrades im eigenen Berufsumfeld einfangen. "Gefühlte Wirklichkeit wird sichtbar und transparent und fordert so eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs, in dem die Fair-hältnisse der Geschlechter ausgehandelt werden" heißt es auf der Online-Plattform respekt.net, wo das Projekt vorgestellt wird und um Finanzierung wirbt.

Umgesetzt hat das Barometer das "abz* Austria. Kompetenz für Frauen und Wirtschaft". "Wir arbeiten mit EntscheidungsträgerInnen aus Politik und Wirtschaft - die Ergebnisse machen deutlich, in welchen Bereichen noch Nachholbedarf besteht und fließen in unsere Arbeit mit ein", beschreibt Petra Endl vom "abz*Austria" gegenüber dieStandard.at den weiteren Zweck des Barometers.

Um die "österreichische Wetterlage zur Geschlechterdemokratie" beeinflussen zu können, müssen in dem Online-Formular einige Fragen beantwortet werden. Die bisherigen nach Geschlecht ausgewiesenen Bewertungen von ArbeitnehmerInnen können bei der Beantwortung der Fragen bereits begutachtet werden. Die Fragen bewegen sich von Einschätzungen über das konkrete persönliche Arbeitsumfeld bis zu eher allgemeineren Fragen über die gesellschaftspolitische Situation in Österreich.

Geschlechtergerechtigkeit - allen ein Anliegen?

Die bisherigen Einschätzungen der ArbeitnehmerInnen zeichnen sich durch eine ausgeprägte Geschlechterdifferenz aus. "Mit heutigem Stichtag fällt auf, dass Frauen ihre Arbeitsmöglichkeiten, Verdienstchancen und Arbeitsbedingungen in Unternehmen im Vergleich zu Männern als weniger gerecht einstufen", so Endl. Während die Verdienstchancen oder Arbeitsbedingungen am eigenen Arbeitsplatz von 87 Prozent der Männer als gerecht eingestuft werden, sehen hier nur 51 Prozent der Frauen Gleichheit. Ähnlich ist es bei der Frage nach Vereinbarkeitsmöglichkeiten für Beruf, Familie und Privatleben, die nur 43 Prozent der Frauen für beide Geschlechter gleichermaßen gegeben sehen. Ganz anders bei Männern: Bei dieser Frage glauben 87 Prozent der Männer, dass für alle die Vereinbarkeitsmöglichkeiten gegeben sind.

Gewerkschaftliche Vertretung

Das Barometer fragt auch nach, ob sich Frauen und Männer gut vertreten fühlen. 33 Prozent der Frauen sehen in der Arbeitswelt von gewerkschaftlicher und auch politischer Seite eine gerechte Vertretung für Männer und Frauen, für 68 Prozent der Männer ist hingegen diesbezüglich alles im grünen Bereich. "Außerdem fühlen sich Frauen eher als Männer durch tradierte Geschlechtsrollenzuschreibungen in ihrem Alltag eingeschränkt", fasst Endl den aktuellen Bewertungs-Staus ins Sachen diskriminierende Stereotypen zusammen.

Die differenten Einschätzungen von Männern und Frauen traten auch in einer im April präsentierten repräsentativen Umfrage vom Meinungsforschungsinstituts "market" zu Tage: In dieser erklärten insgesamt 37 Prozent, dass in der Arbeitswelt auf jeden Fall bzw. eher doch geschlechtliche Gleichberechtigung herrscht. 56 Prozent der Männer sehen das so, aber nur 21 Prozent der Frauen. Auch in dieser Umfrage hoben die MeinungsforscherInnen die konträren Einschätzungen von Männern und Frauen als besonders signifikant hervor.

Am Gleichstellungsbarometer zeigt sich außerdem, dass bei abstrakteren Fragestellungen die Einschätzungen über Geschlechtergerechtigkeit negativer werden. Nur sechs Prozent der Frauen sehen in Österreich Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, die 19 Prozent der Männer gegeben sehen. Wichtig ist Geschlechtergerechtigkeit aber Männern wie Frauen: 86 Prozent der Männer gaben an, dass ihnen Geschlechterdemokratie und Geschlechtergerechtigkeit wichtig sind. Bei Frauen bleiben nur fünf Prozent übrig, die das nicht von sich behaupten. (beaha, dieStandard.at, 8. Juni 2011)