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Die Aktivistin Jineth Bedoya (Mitte) ist Autorin des Berichts "Sexuelle Gewalt in Kolumbien: Eine Kriegswaffe", der im September 2009 veröffentlicht wurde.

 

Foto: APA/JOSE HUESCA

Es ist nur wenige Monate her, als die CBS-Journalistin Lara Logan während Dreharbeiten auf dem Kairoer Tahrir-Platz von mehreren unbekannten Männern vergewaltigt wurde. Das Besondere daran: Sie sprach im Anschluss öffentlich darüber und stieß damit die Tür für ein Tabu-Thema im internationalen Journalismus auf.

Betroffene meldeten sich nach Blogeintrag

Das "Kommitee zum Schutz von Journalisten" (CPS) in New York hat den Fall nun aufgenommen und erstmals eine Studie zum Thema sexuelle Gewalt gegen Journalistinnen durchgeführt. Die Idee kam eher aus Zufall, wie die Initiatorin Lauren Wolfe betont. "Ich habe einen Text auf meinem Blog zum Fall Logan gepostet und innerhalb von kürzester Zeit meldeten sich dutzende Kolleginnen mit ähnlichen Erfahrungen." So entstand das Projekt, das durch die immense internationale Reaktion auf den Fall Logan an Schwung gewann.

In der Studie flossen die Erfahrungen von 27 lokalen und 25 internationalen Journalistinnen aus Asien, Latein Amerika, Afrika und dem mittleren Osten ein, mit denen die Studien-Autorinnen Interviews führten. Die Untersuchung kratze dabei nur an der Oberfläche einer viel weitreichenderen Krise, wie CPS betont.

Die Erfahrungen der Journalistinnen reichen von Drohungen und Grapschereien über aggressive körperliche Verfolgung bis hin zu Vergewaltigung. "Diese Akte blockieren nicht nur journalistische Arbeit sondern werden auch als Strafe verwendet, betonte Wolfe am Dienstag bei der Präsentation der Studie in New York.

Frauen fürchten Karriere-Verlust

Viele der Frauen, die ihre Geschichte erzählten, tun dies nach Jahren des Schweigens, weil sie fürchten, dadurch beruflich zurückgestuft, verteufelt oder weiter beschämt zu werden. In der Tat ließ sich die Mehrheit der Frauen nur unter der Bedingung der Anonymität interviewen, um ihre Karriere zu "schützen".

Eine der wenigen ist die Kolumbianerin Jineth Bedoya, die im Mai 2000 für den Bogoter "El Espectador" über die Aktionen der Paramilitärs berichtete und bei ihren Recherchen in Villavicencio entführt wurde. Während dieser Zeit wurde sie geschlagen und von mehreren Männern vergewaltigt. In der darauffolgenden Dekade begegnete die Journalistin weiteren drei Kolleginnen, die über solche "Vergeltungsmaßnahmen" schwiegen aus Angst vor "kulturellen oder beruflichen Stigmata".

Bedoya hat sich vor zwei Wochen entschlossen, den Fall an die Inter-amerikanische Kommission für Menschenrechte weiterzuleiten, in der Hoffnung, Frauen darin zu ermutigen, ihre Erfahrungen anzuprangern und nach Gerechtigkeit zu verlangen.

Es ist, wie Logan sagt. Bei sexueller Gewalt bleiben meist keine äußeren Narben, wie vielleicht bei einem Kriegseinsatz in Afghanistan. "Was bleibt sind einzig und allein die Worte." (red, dieStandard.at, 8.6.2011)