Split - Die Pride Parade in der kroatischen Stadt Split musste am Samstag nach gewalttätigen Ausschreitungen abgebrochen werden. Zwischen 200 und 300 TeilnehmerInnen wurden von der Polizei in Sicherheit gebracht, nachdem sie von GegendemonstrantInnen mit Steinen und Flaschen beworfen wurden und auf andere Weise attackiert wurden.

Zu einem Zeitpunkt hatten sich 10.000 GegnerInnen der Parade versammelt. 137 Personen wurden nach den Ausschreitungen festgenommen, doch schon vor der Parade gab es 71 Festnahmen. Verletzt wurden fünf TeilnehmerInnen der Parade, darunter JournalistInnen. 

Mögliches Nachspiel in Brüssel

Die Ausschreitungen könnten Auswirkungen auf die EU-Verhandlungen Kroatiens haben: Die niederländische Botschafterin in Kroatien, Stella Ronner-Grubacic, die an der Parade teilgenommen hatte, kündigte an, sich bei ihrer Regierung dafür einzusetzen, dass Kroatien ein Monitoring bekommt.

Verstärktes Polizeiaufgebot bei Pride in Zagreb

Unterdessen laufen die Vorbereitungen für die Pride-Parade in der Hauptstadt Zagreb, die am kommenden Samstag stattfinden soll. Auch hier wird ein verstärktes Polizeiaufgebot erwartet.

Kein Rücktritt des Innenministers

Die Polizei sah sich nach den Ausschreitungen in Split mit zahlreichen Vorwürfen konfrontiert, unter anderem jenem, sie habe die Parade nicht ausreichend geschützt. Die OrganisatorInnen der Split Pride forderten auch den Rücktritt von Innenminister Tomislav Karamarko.

An einen Rücktritt des Ministers denke niemand, sagte Polizeisprecher Krunoslav Borovec. Nach Ansicht der Polizei sei die Zusammenarbeit mit den OrganisatorInnen gut gelaufen. In Split seien 688 PolizistInnen im Einsatz gewesen, 460 von ihnen aus der Interventionseinheit. 

Scharfe Verurteilung der Gewalt

Kroatische PolitikerInnen verurteilten die Gewalt indes aufs Schärfste: Präsident Ivo Josipovic bezeichnete die Ausschreitungen als "beschämend", sagte aber, dass dies nicht das wahre Gesicht Kroatiens sei. Ministerpräsidentin Jadranka Kosor verurteilte die Gewalt und sagte, dass so etwas nicht toleriert werden dürfe. Den Rücktritt des Ministers lehnte sie ab. VertreterInnen der Sozialdemokraten in Split, die an der Parade teilgenommen hatten, stellten den PolizistInnen ein gutes Zeugnis aus, und sagten in einer Stellungnahme, dass sie noch schlimmere Gewalt, die auch gegen sie gerichtet gewesen sei, verhindert hatten. Versäumnisse warfen sie aber der Polizeispitze vor, die das Risiko falsch eingeschätzt hätte.

Die kroatischen Medien sprechen einstimmig von einer Blamage für Kroatien, nur einen Tag nachdem die Europäische Kommission grünes Licht für den Abschluss der Beitrittsgespräche mit der EU gegeben hatte. Sie bedauerten, dass Split nun gleichgestellt sei mit anderen "zurückgebliebenen" Städten, in denen es in weit höherem Ausmaß zu Gewalt gegen Homosexuelle gekommen sei, etwa Budapest, Belgrad, Moskau und andere.

EU erst noch gerecht werden

Auch in Österreich zeigte man sich entsetzt über die Ereignisse in Split: Der Bundesvorsitzender der SoHo (Sozialdemokratische Homosexuellenorganisation), Peter Traschkowitsch, sagte, dass in der "Bewusstseinsbildung hier noch sehr viel getan werden" müsse, um dem geplanten EU Beitritt am 1. Juli 2013 gerecht zu werden.

Die Europasprecherin der österreichischen Grünen, Ulrike Lunacek, die auch Vorsitzende der LGBT-Intergroup im Europäischen Parlament ist, schlug in dieselbe Kerbe: "Nur wenn die kroatische Regierung selbst Verantwortung dafür übernimmt, die noch fehlende Umsetzung etwa im Justiz- und Menschenrechtsbereich gemeinsam mit Parlament und Zivilgesellschaft sowie der Europäischen Kommission voranzutreiben, kann der Beitrittsprozess gelingen," so Lunacek. (APA/red)