Wien - Die Enquete der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes, die Montag und Dienstag stattfindet, will vor allem Meinungsdarstellung und Meinungsbildung zu den heikleren Fortpflanzungsmedizin-Themen wie Präimplantationsdiagnostik, Eizellspende, Fremdsamenspende bei der In-vitro-Fertilisation (IVF), künstliche Befruchtung in lesbischen Partnerschaften etc. betreiben. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek: "Die Frage ist, ob das österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz noch zeitgemäß ist." Es gebe ein Recht auf - auch künstliche unterstützte - Fortpflanzung, aber auch ein Recht "Nein" zu sagen.

Die Politikerin weiter: "Es gibt Bereiche, wo ich glaube, dass man noch Schritte setzen muss. Lesbischen Paaren ist es beispielsweise verboten, eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen, wenn sie Kinderwunsch haben. Der Familienbegriff ist weiter geworden." Neue medizinische Möglichkeiten seien in Österreich "recht restriktiv" geregelt.

Bis zu sechs Elternteile

Gesundheitsminister Alois Stöger verwies auf Fragen, welche in seines Ressort geregelt werden sollten, zum Beispiel die Begrenzung der Zahl der bei der IVF implantierten Embryonen: "Ein-Single-Embryo-Transfer ist die Grundlage (...). Es ist klar, dass diese Empfehlung umgesetzt werden sollte." Das Gesundheitsministerium zahlt derzeit jährlich 13 Millionen Euro als Zuschuss für die IVF von aus medizinischen Gründen kinderlosen Paaren (70 Prozent der Kosten für maximal vier IVF-Versuche).

Christiane Woopen, ausgebildete Gynäkologin und Mitglied des Deutschen Ethikrates, will die Reproduktionsmedizin gesetzlich geregelt haben, wenn auch immer wieder angepasst an die Entwicklung von Medizin und Gesellschaft. Sie führte an, dass bei einer gespendeten Eizelle, die man mit Zytoplasma einer Eizelle einer anderen Mutter "aufpeppe" und dann implantiere, schon zwei genetische Mütter habe. Bei Samen vom Spender, Leihmutterschaft (wegen eines gleichgeschlechtliches Paares) wären bis zu sechs biologische, soziale und nach rechtlichem Status als solche zu bezeichnende Elternteile vorhanden.

Das müsse einfach zu Problemen führen. Christiane Woopen: "Unumstritten ist, dass die Selbstbestimmung des Menschen dort ihre Grenzen hat, wo die Würde eines Anderen geschädigt wird."Die reproduktive Selbstbestimmung betreffe aber nicht den Menschen mit Kinderwunsch allein, sondern betreffe auch das Kind, das hier zum bloßen Objekt gemacht werden könnte. Deshalb sollte diese Thematik nationalgesetzlich geregelt sein - und zwar nicht nach dem Grundsatz des "kleinsten Gemeinsamen Nenners": "Die Leute morden und stehlen. Wollen Sie deshalb die Gesetze aufheben?"

Wann beginnt das Leben?

Für mehr Liberalität warb der Wiener Medizingenetiker Markus Hengstschläger (MedUni Wien): "Es bleiben nach wie vor viele Paare übrig, denen wir nicht helfen können. (...) So wie es derzeit (rechtlich in Österreich, Anm.) ist, ist es eigentlich nicht akzeptabel. Hier ist es nötig, nachzujustieren." Man sollte auch nicht den Eindruck erwecken, das Biologen oder gar die Religionen einer Meinung seien. Die Biologen könnten sich nicht einigen, wann in der Embryonalentwicklung das individuelle, schützenswerte Leben beginne und bei den Religionen sei folgendes anzumerken: "Es gibt nichts, was die Weltreligionen so trennt, wie die Frage, wann das Leben beginnt."

Der Wiener IVF-Pionier Wilfried Feichtinger übte im Zusammenhang mit der Enquete heftige Kritik: "Solche Symposien beobachte ich seit 30 Jahren. Es finden immer diejenigen Gehör, die etwas verbieten wollen. (...) Es sollte alles erlaubt werden. Die Betroffenen sind immer die Patienten. Die müssen dann ins Ausland fahren. Warum sollten sich Eltern auch nicht das Geschlecht ihres Kindes aussuchen können, wenn sie es wollen? Ich habe schon so die Nase voll, weil es ist immer derselbe Quatsch. Wie kommen die Patienten dazu, dass sie durch ganz Europa fahren müssen, wenn sie ein Problem haben?" (APA)