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Das Anschaffen am Straßenrand ist in Wien künftig nur noch in unbewohntem Gebiet erlaubt. Die Stadtregierung hofft, dass sich die Szene aufs Industrieareal Auhof und auf den Prater konzentriert.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - Wenn SPÖ-Politikerinnen über Straßenprostitution in Wien sprachen, hörte sich das lange Zeit so an: "Die Verdrängung in unbewohntes Gebiet kann nicht das Ziel sein, denn dann leben die Prostituierten noch gefährlicher, und die Polizei hat noch weniger Einblick", sagte die rote Gemeinderätin Sybille Straubinger 2008 zum STANDARD.

Mit dem neuen Gesetz, das am Donnerstag im Wiener Landtag beschlossen werden soll, will die rot-grüne Regierung aber genau das erreichen. Künftig dürfen Prostituierte nicht mehr in Wohngebieten anschaffen. "Das Gesetz ist ein Kompromiss", sagt Marianne Lackner, Sprecherin der zuständigen Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SP). Ziel sei, die Prostitution so weit wie möglich in Bordelle beziehungsweise ins unbewohnte Gebiet zu verlagern.

Anrainerproteste

In den vergangenen Jahren gab es sowohl im 15. Bezirk als auch im 2. Bezirk massive Anrainerproteste gegen den Strich. Und auch die Rathausopposition forderte klare Regeln. Die Novelle bringt der Stadtregierung allerdings erneut Kritik ein. Gabriele Schön von der Bürgerinitiative Felberstraße ist sie zu schwammig: "Das wird dazu führen, dass die Frauen erst recht wieder dort stehen, wo sie wollen."

Aus gänzlich anderen Gründen ist Renate Blum von der Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen Lefö skeptisch. "Was wir sicher nicht wollen, ist, dass der Straßenstrich ganz verschwindet", sagt sie, "denn manche Frauen arbeiten lieber auf der Straße als in einem Lokal - dort müssen sie keinen Alkohol trinken und sind ihre eigenen Chefinnen."

Auch dem Plan, Sexarbeit in unbewohntes Gebiet wie Auhof oder den Prater zu verlagern, kann Blum wenig abgewinnen: "Je schlechter ihr Arbeitsplatz an die Stadt angebunden ist, desto größer ist das Sicherheitsrisiko für die Frauen." Das Gesetz soll ab November in Kraft treten, eine sogenannte Steuerungsgruppe - bestehend aus Vertretern der Polizei, Stadtregierung, Magistrat und NGOs - beobachtet die Szene. Mittels Verordnung können sogenannte Erlaubniszonen in bewohntem Gebiet errichtet werden.

Klare Linie gesucht

"Dieser Graubereich muss abgeschafft werden", sagt VP-Gemeinderat Wolfgang Ulm. "Wir fordern einen rechtsverbindlichen Plan, in denen Erlaubniszonen außerhalb des Wohngebiets klar definiert sind." Die ÖVP will - genauso wie die FPÖ - am Donnerstag im Landtag einen eigenen Abänderungsantrag einbringen. Im Gegensatz zu den Blauen - die ein generelles Verbot der Straßenprostitution fordern - tun sich die Stadtschwarzen allerdings schwer, eine klare Linie zum Thema zu finden.

So kritisiert Ulm zwar den Umstand, dass die Errichtung von Erlaubniszonen am Widerstand diverser roter Bezirksvorsteher gescheitert sei. Warum kein schwarzer Bezirkschef bereit ist, eine solche zuzulassen, kann er allerdings nicht beantworten - und verweist darauf, dass man nicht in der Stadtregierung sitze und sich deshalb auch keine Gedanken darüber machen müsse. (Martina Stemmer, DER STANDARD-Printausgabe, 28.6.2011)