Maria Rauch-Kallat ist es gelungen, mit ihrem vorläufig letzten Auftritt als Politikerin noch einmal ordentlich Aufmerksamkeit zu erregen. Zwar hatte der Versuch, am letzten Sitzungstag vor den Ferien die "großen Töchter" des Landes in die Bundeshymne zu reklamieren, etwas von einem Schülerinnenstreich im Nobelgymnasium - aber das war Rauch-Kallat wohl ebenso bewusst wie das Risiko, damit zu scheitern.

Das Anliegen ist aber wieder einmal auf dem Tapet: Die Frauen sollen in der Bundeshymne besungen werden, auch wenn das nur ein kleines Symbol ist - und ein international nicht sehr verbreitetes. Nur Deutschland hat es probiert: Das Lob der deutschen Frau stand zwar (neben deutschem Wein, deutscher Treue und deutschem Sang) in Hoffmann von Fallerslebens "Lied der Deutschen", das Friedrich Ebert 1922 zum Text der Haydn-Hymne bestimmt hat - doch hat Hitler die Strophe 1933 gestrichen, Adenauer hat sie 1951 nicht wieder in die Hymne genommen.

Hymnen sind Ausdruck des Zeitgeistes - weshalb Österreich die Haydn-Melodie 1946 verworfen und die Mozart-Melodie mit dem Text von Paula Preradović eingeführt hat. In diesen Text die Töchter holprig einzufügen ist aber ebenso unzeitgemäß wie die Annahme, Hämmer seien "zukunftsreich" oder dass wir "frei und gläubig schreiten". Um Töchtern, Söhnen - um der Gegenwart gerecht zu werden, sollte man besser gleich einen ganz neuen Text verfassen. (Conrad Seidl, DER STANDARD; Printausgabe, 11.7.2011)