Das Camp fand von 15. bis 20. August statt.

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Die Überraschungs-Vorband mit allen, die die Mädchen in der Camp-Woche beim Musik machen unterstützten.

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Die BWB´s bei der Generalprobe.

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"Viele kennen keineN, die/der auch eine Band gründen will", so Ulrike Mayer, sie arbeitet abseits von der Camp-Organisation als  Produktionsassistentin für das Donaufestival Krems und für das Diskursprogramm des Elevate Festival

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Franziska (links) und Anna: "Es wäre einfach anders, wenn auch Burschen dabei wären."

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Eva:"Am besten waren die Band-Coachings, da konnte man kreativ sein und neue Sachen versuchen. Ich hab zum Beispiel Schlagzeug ausprobiert."

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Die Camp Organisatorinnen: Sara Paloni, Ina Thomann, Julia Boschmann und Veronika  Eberhart und Ulrike Mayer.

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Gleißende Hitze, hochgeklappte Gehsteige, hin und wieder ein Auto auf weitgehend unbefahrenen breiten Straßen. An einem Samstagnachmittag mitten in den Sommerferien ließen sich viele Plätze aufzählen, wo man eher eine Ansammlung junger Frauen und Mädchen erwarten würde als im Industriegebiet von Wiener Neustadt. Zwischen einem Meer von Parkplätzen und Gstätten sitzen die Teilnehmerinnen des "Girls Rock Camp" im Schatten eines ehemaligen Schlachthofes auf dem Rasen. Aus dem kleinen Konzertsaal des Wiener Neustädter Jungendkulturhauses "Triebwerk" tönen die letzten Proben vor dem großen Auftritt am Abschlussabend des Camps, bei dem die Mädchen ihren FreundInnen, Eltern, Omas, Opas und Geschwistern zeigen möchten, woran sie vom 15. bis 20. August im "Girls Rock Camp" gebastelt haben.

Band gegründet, Song geschrieben

"Ich war mir nicht sicher, ob das mit den eigenen Songs klappt - in dieser kurzen Zeit. Und jetzt hat jede Band zwei bis drei selbst geschriebene Songs", freut sich die Initiatorin des Camps, Ulrike Mayer, im Gespräch mit dieStandard.at. Nach einem Bandfindungsprozess mit gegenseitigen Interviews, Austausch über verschiedene Musikrichtungen samt Vorlieben und Versuchen mit den verschiedensten Instrumenten, standen die frisch formierten Bands am Dienstag das erste Mal gemeinsam im Proberaum. "Viele wussten schon, dass sie Musik machen wollen, hatten aber niemanden, mit der/dem sie eine Band gründen könnten", hier hätten sie die Möglichkeit bekommen, sich einerseits auszuprobieren und andererseits gleich potenzielle Bandkolleginnen zu treffen, so Mayer.

Neben dem Probieren und Austesten von Instrumenten und Musikstilen bekamen die Mädchen im Camp auch professionelle Unterstützung von erfahrenen Musikerinnen. Es gab Workshops zum Thema Song-Schreiben und jeden Nachmittag war ein "Bandcoaching" angesagt. Mit Workshops über Graffiti, DJing, Fanzines oder Siebdruck wurden die Mädchen mit Popkulturpraktiken über das Musikmachen hinaus versorgt. "Ich habe hier viel ausprobieren können, was ich vorher noch nie gemacht habe. In der Band spiele ich das erste Mal Bass. Auch das Siebdrucken und der Workshop über 'Körper und Bühne' waren toll", erzählt die 15-jährige vom Camp enthusiasmierte Franziska.

Sich im Umgang mit einem Instrument oder im Gesang zu perfektionieren war aber den jungen Teilnehmerinnen nicht am wichtigsten. "Spaß und gemeinsam kreativ sein" stand für die Camperinnen klar an erster Stelle. Mit den seit Jahren durch die omnipräsenten Musik-Castingshows an Jugendliche herangetragenen Ziele "Karriere im Musikbusiness" und "Plattenvertrag" hatte das Camp also nichts am Hut.

Camps seit 2001

Mayer hat sich letztes Jahr im August in New York beim "Willie Mae Rock Camp for Girls" Eindrücke für das Camp in Niederösterreich geholt. Nach ihrer Rückkehr im September begann sie mit den ersten Vorbereitungen für das "Girls Rock Camp", das sie seit Anfang 2011 mit vier weiteren Frauen auf die Beine stellte. "Das erste Camp dieser Art fand schon 2001 in den USA statt und damit ziemlich zeitgleich mit der Ladyfestbewegung. Den politischen Hintergrund für die Camps bildet somit eine feministische Subkultur, die Riot Girrrl- und die Ladyfestbewegung."

Das Rätsel Geschlecht

Ein expliziter Feminismus-Bezug ist bei den 13- bis 21-jährigen Teilnehmerinnen weniger zu erkennen, obwohl sie durchaus die Geschlechterverhältnisse von sich aus thematisierten: "Wir haben uns gemeinsam Musikvideos angesehen. Da kamen natürlich Fragen über die Repräsentation von Frauen in der Musik auf, oder es wurde wild gerätselt: Ist die Person am Schlagzeug vom The Gossip-Video nun eine Frau oder ein Mann?", weiß Mayer von Auseinandersetzungen über Fragen des Geschlechts zu berichten.

Das "Unter-Sich-Sein" spielte für die Teilnehmerinnen insgesamt ein große Rolle. Eva, die sich selbst als "schüchtern" beschreibt, meinte: "Es ist schon cool, dass nur Frauen da sind, man traut sich einfach mehr. Ich spiele auch in einer gemischten Band und merke sehr wohl, dass man sich nicht so traut, wenn die anderen mehr können - ich hab mir schon gedacht, dass das anders ist, wenn nur Mädchen da sind." Auch Anna, 18 Jahre, findet die weibliche Exklusivität gut: "Nicht wegen Feminismus oder so, aber jede kann sich so besser verwirklichen. Wenn Burschen da wären, ginge es sicher für einige viel mehr darum, wie man rüberkommt. So kann man jeden Blödsinn sagen und tun - und das ist schon wichtig."

Für Mädchen und für jene, die eines sein wollen

Wenngleich so viel Bereitschaft zum "Gender bender" in so jungen Jahren wohl eher unwahrscheinlich ist, so haben die Veranstalterinnen dennoch in ihren Aufrufen zum Camp betont, dass auch alle jene eingeladen sind, die sich "als Mädchen angesprochen fühlen", so Mayer. Das biologische Geschlecht sollte somit nicht den Ausschlag für die Möglichkeit einer Teilnahme geben.

Am Ende wurde schließlich doch "Women only" daraus, womit es aber spätestens am frühen Abend des letzten Camptages, kurz bevor die vier frisch gegründeten Bands ihre Songs präsentierten, vorbei war. Die KonzertbesucherInnen trudelten nach und nach ein, und die Aufregung der jungen Musikerinnen wurde aufgrund der immer größer werdenden Anzahl gespannter Eltern, FreundInnen und Großeltern gleich noch um eine Stufe erhöht. Zwei Stunden später als geplant ging es schließlich mit einer Überraschungs-Vorband los, die aus den Band-Coaches des Camps bestand und den Juniors schon mal zeigten, wie´s geht. Um einiges zaghafter starteten dann "The Uglies", deren Begeisterung über die Bühnenarbeit im Laufe ihres Auftrittes sichtlich stieg. Die Funken sprühten schließlich auch bei den anderen Formationen, bei den "BWB´s", bei "The Lighters" und "Rentothing". Das Publikum war begeistert und die jungen Künstlerinnen fühlten sich nach anfänglicher Schüchternheit im Rampenlicht sichtlich wohl.

Ob die 14 Mädchen in ihren neuen Bands auch über längere Zeit gemeinsam kreativ tüfteln, wird sich weisen. Sollten sie zumindest ein Jahr überdauern, hätte das schon geplante "Girls Rock Camp" im nächsten Jahr vielleicht schon ein paar Star-Gäste in petto. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 24.8.2011)