"Schreckliche Puppen" - das kann frau laut sagen.

fuckermother

Dreht frau eine Runde durch die feministische Blogosphäre, sind in den Verlinkungsspalten auch Elternblogs meist nicht weit. Mit einem besonders fetzigen Auftritt macht diesbezüglich seit einigen Monaten fuckermothers von sich reden. Dort wird die eigene Existenz damit begründet, das Mutterideal doch nun endgültig und vollends über zu haben. Eine feministische - ja gar queer-feministische - Perspektive auf das Mama- und Papadasein muss her. "Wenn frau Mutter wird, scheinen ihr als theoretische Bezugspunkte plötzlich nur noch der Differenzfeminismus und einige eher altbackene Ansätze des 70er Jahre Feminismus à la Matriarchat, durchmischt mit ein bisschen Gleichstellungspolitik, Naturheilkunde und Homöopathie, zu bleiben", heißt es bei fuckermother.

Um an der Alleinfrauschaft in Sachen "Kinder-Kompetenz" etwas zu ändern, setzt fuckermothers auf Einträge, die das Bild über Mütter und was sie bitteschön tun oder lassen sollten, erweitern und hinterfragen. Dazu gehört selbstverständlich auch Aufklärung über den Status Quo, auch wenn diese manchmal sehr weh tut. Besonders hart wird es unter dem Titel Schreckliche Puppen, ein Eintrag, der erst die schwangere Version von Barbie vorstellt - das Baby kann bereits fix fertig angezogen aus dem Plastik-Baby-Bauch genommen werden - und schließlich mit einem noch ärgeren Spielzeug aufwartet: Eine Puppe, die gestillt werden will. Und zwar von kleinen Mädchen, die sich zu diesem Zweck eine Art "Büstenhalter verkehrt" umschnallen. Zwei Blümchen deuten die Brustwarzen an und halten bereit, was die Stillpuppe "Baby Nimmersatt" zu einem unerträglich lauten Nuckeln bringt. Davor verhalf sich die Puppe mit schrillem Babygeschrei zu ihrem Recht.

Ein wenig "Unsichtbar"

Einen weniger offensiven Namen für ihren Blog wählte eine mittezwanzigjährige Bloggerin, die sich gerade in Elternzeit befindet. Unsichtbares nennt sie ihren Blog deshalb, weil sie sich vor zwölf Monaten noch nicht als Mutter gesehen hat und weil "das spannendste dann doch hinter verschlossener Tür und hinter meiner Stirn abläuft." Über ihr Kind meinte die Hebamme "ein Mädchen", doch Mama ist tolerant und schreibt: "ob sie das auch so sieht, wird sich zeigen." Frau Unsichtbar stellt sich in ihrem noch jungen Dasein als Mutter und schon längerem als Feministin so manche Frage über die eigene Emanzipation vom traditionellen Mutterbild, oder - konkreter - ob es wohl in Ordnung sei, das eigene Baby zum SlutWalk mitzunehmen. Zu laut? Und: Das Kind hat doch noch gar keine eigene Meinung! Laut war es beim SlutWalk zwar nicht, aber ein eigener Elternblock wäre dann doch nicht schlecht, wirft Unsichtbar etwas schüchtern ein. Bei der nächsten Demo dann.

Glücklich scheitern - immer wieder

Mit Sätzen wie "ich bin Feministin", "Meat is Murder" oder "Guttenberg gehört hinter Gitter" mischt Bloggerin Melanie - ohne das alles immer ganz ernst zu nehmen (außer selbstverständlich die Feministinnen-Sache) - schon mal eine beschauliche Partyrunde auf und gibt in ihrem Blog die gescheiterte "Supermom", oder anders gesagt: Ein Gelingen ist ohnehin nicht möglich, deshalb einfach glücklich scheitern. Dort sind Überlegungen zum "Tabuthema unserer Zeit Arbeit", oder Buchbesprechungen zu finden. Und weil sie dem Titel Supermom nicht mehr hinterher rennen muss, findet sie auch noch Interesse und Zeit für ein paar aktuelle politische Diskurse außer Haus und verbindet diese mit den vermeintlich privaten Erlebnissen der Elternschaft.

This is what a feminist looks like

Gerade in einem Blog mit dem Titel mutterseelenalleinerziehend erhofft sich frau etwas strukturelle Hintergrundtapete für die stressigen persönlichen Belange, aber nichts da. Dort wird vielmehr die Nase gerümpft über Frauenrechtlerinnen, die beschlossen hätten, jeden Mann zu hassen. Soso. Dass sich die Bloggerin aber über diese Erkenntnis hinaus nicht mit dem Thema beschäftigt habe, gibt sie selber zu. Es handle sich lediglich um das, was sie sich unter einem Feministinnen-Dasein so vorstelle. Nun gut, Blogs können so subjektiv sein, wie sie wollen - diese Freiheit sei ihnen gegönnt. Die kritische LeserInnenschaft mit Kind wird aber ob so viel politischem Desinteresse wohl eher in anderen Blogs wühlen.

Und mutterseelenalleinerziehende wäre beispielsweise ein Besuch auf TheMamaFesto zu empfehlen. Denn hier kann unter this is what a feminist looks like genauer erforscht werden, wie vielfältig sich Feministinnen samt ihrer politischen Sozialisation darstellen, im Übrigen in einem Blog, in dem "Mutterschaft und Feminismus kollidieren" (TheMamaFesto). (beaha, dieStandard.at, 28. September 2011)