Bild nicht mehr verfügbar.

Kritisiert wird vor allem, dass sich Frauen auf den Wahllisten zwar wiederfanden, jedoch meist auf weit abgeschlagenen Listenplätzen. Der "Frauenkongress" fordert daher ein Reißverschlussprinzip bei der Erstellung von Wahllisten in Polen.

Foto: APA/ADAM CIERESZKO

Warschau - Zum ersten Mal hat bei den polnischen Parlamentswahlen am Sonntag eine Frauenquote gegolten. Ein zu Jahresbeginn verabschiedetes Gesetz verpflichtete die jeweiligen wahlwerbenden Gruppen, mindestens 35 Prozent der Listenplätze für jedes Geschlecht zu reservieren. Der Anteil der Frauen unter den Abgeordneten des neuen Unterhauses (Sejm) beträgt jedoch lediglich 23 Prozent, nur drei Prozentpunkte mehr als in der vorhergehenden Legislaturperiode. ExpertInnen betonen, dass vor allem der Platz auf der KandidatInnenliste über den Wahlerfolg entscheide. Kandidatinnen standen meist ohne Mandatschancen weit hinten auf den Listen. Frauenorganisationen fordern nun weitere rechtliche Veränderungen.

"Die Wahlergebnisse bestätigen die Prognosen, dass für einen Wahlerfolg mehr als die Anwesenheit auf der Liste selbst die Position, von der aus man antritt, entscheidend ist. Wenn wir mehr weibliche Abgeordnete im Sejm möchten, dann müssen Wahlkomitees Frauen bessere Plätze auf Wahllisten garantieren. Dieser Mechanismus funktionierte im Falle der PO", erklärte Malgorzata Druciarek vom Institut für Öffentliche Angelegenheiten (ISP) gegenüber der Zeitung "Gazeta Wyborcza".

Die siegreiche liberalkonservative "Bürgerplattform" (PO) hatte als einzige Partei eine Frau unter den ersten drei KandidatInnen in allen Wahlbezirken. Das brachte auch Resultate: In der PO-Fraktion wird der Frauenanteil 34 Prozent betragen. Entscheidend dafür waren aber innerparteiliche Regelungen der PO, wonach es unter den ersten Drei auf der Liste nicht mehr als zwei Personen des gleichen Geschlechts geben darf, und unter den ersten Fünf nicht mehr als drei.

Kandidatinnen anderer politischer Gruppierungen hatten viel geringere Chancen auf einen Einzug ins Parlament. Obwohl das "Bündnis der demokratischen Linken" (SLD) den höchste Frauenanteil auf den Listen hatte, sind jetzt nur 15 Prozent ihrer Abgeordneten Frauen. In der Fraktion der rechtskonservativen PiS ("Recht und Gerechtigkeit") sind es 17 Prozent. Die wenigsten Frauen - zwei - werden die Bauernpartei PSL vertreten, was lediglich sieben Prozent der Fraktion entspricht.

"Frauenkongress" fordert Reißverschlussprinzip

Magdalena Sroda von der Organisation "Frauenkongress" ist davon überzeugt, dass letztendlich ein Reißverschlussprinzip eingeführt werden sollte, wonach Frauen und Männer obligatorisch abwechselnd auf den Wahllisten vorkommen müssen, weil sonst Frauen auf hinteren Plätzen ohne Mandatschancen landeten. "So hat es die PiS gemacht. Obwohl sie im Wahlkampf Frauen exponierte, gab sie ihnen keine guten Plätze auf Listen", erklärte Sroda gegenüber der "Gazeta Wyborcza". Zudem solle die Frauenquote von Wahl zu Wahl stufenweise erhöht werden, so Sroda.

Das Ziel der Frauenrechtlerinnen sei die gesetzliche Parität auf Wahllisten, die eine bereits im Dezember 2009 von mehr als 120.000 Menschen unterzeichnete Petition vorsieht. Nach langen Diskussionen im Parlament wurde aber in dem verabschiedeten Gesetz der Frauenanteil auf 35 Prozent heruntergesetzt. Staatspräsident Bronislaw Komorowski unterschrieb die Novelle im Februar.

Umfragen zufolge wünschen sich viele PolInnen mehr Frauen in der Politik. Laut der jüngsten Meinungserhebung zu diesem Thema aus dem Jahr 2009 wollen 70 Prozent der Frauen und 52 Prozent der Männer, dass die Parteilisten für Parlamentswahlen jeweils zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt werden. (APA)