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Spieß umdrehen: Mit einer Männer- statt einer Frauenquote will man Jungforscherinnen aus dem "Quoten-Eck" herausholen.

Foto: AP/apn/Strangmann

Wien - Es ist kein Naturgesetz, dass Führungspositionen von Männern besetzt werden, und Frauen, die ihren Posten durch Quotenregelungen erhalten haben, sind deshalb nicht schlechter qualifiziert. Das stellten am Montag Expertinnen bei einer Tagung der Universitätenkonferenz (uniko) zum Thema "Wie kommt Quote an die Universitäten?" klar. Cattina Leitner, Juristin und Uni-Rätin an der Medizin-Uni Graz, rief dabei dazu auf, den Spieß umzudrehen und Quoten neu zu verstehen: "Es geht nicht um den Aufbau von Frauen, sondern den Abbau der männlichen Dominanz. Wir wollen die Männerquote von 90 auf 60 Prozent reduzieren".

Über Männerquote "Quoten-Frauen" entlasten

Förderung impliziere, dass bei den weiblichen Bewerbern eine Nichtqualifikation ausgeglichen werden muss und das sei schon lange nicht mehr der Fall. "Aber mit einer Männerquote holen wir die Frauen aus dem Eck heraus." Karin Gutierrez-Lobos, Vizerektorin der Medizin-Uni Wien und Leiterin der "Task Force Gender & Diversity" der uniko, bestätigte, dass Jungforscherinnen Angst hätten, als Quoten-Frauen dazustehen. Das sei insofern absurd, als unser ganzes Leben von Quoten durchzogen, sei - "nur wenn es um Frauen geht, wird das als Disziplinierungsmaßnahme wahrgenommen".

Frauenmangel in technischen Fächern eine Ausrede

In der Praxis soll bei Leitners Modell der Männerquote im Falle zweier gleich gut qualifizierter BewerberInnen so lange Frauen der Vorzug gegeben werden, bis der Männeranteil auf 60 Prozent gesunken ist. Das Argument, dass es nicht genug qualifizierte Frauen gebe, um sie in Gremien zu schicken, "will ich nicht mehr hören". Auch der Frauenmangel in technischen Fächern ist für sie dabei eine Ausrede, immerhin säßen auch Nicht-Techniker in den Aufsichtsräten technischer Unternehmen.

Kein "gottgegebener" hoher Männeranteil

Auch Brigitte Ratzer von der Koordinationsstelle für Frauenförderung an der Technischen Uni Wien kritisierte, dass im Falle von Quoten immer auch nach Qualitätssicherung geschrien werde, als ob die Frau automatisch unverdient an ihre Position berufen worden sei. Im Gegensatz sei es "faszinierend", wie "gottgegeben" der hohe Männeranteil in Spitzenpositionen gesehen werde.

Altbekannte Ausschlussmechanismen

Dafür, dass der Frauenanteil an Unis mit der Höhe der Karriereleiter immer geringer wird - Ratzer sprach vom "akademischen Frauensterben" - machte Ratzer vier Gründe aus: So würden Forscherinnen wesentlich seltener als ihre männlichen Kollegen unterstützt, indem sie zu Publikationen, Vorträgen oder Konferenzen eingeladen werden. Mutterschaft ist ebenfalls ein Faktor: Nur 40 Prozent der Forscherinnen sind verheiratet und haben Kinder, aber 70 Prozent der Männer. Vielfach verzichten Forscherinnen für die Karriere darauf, Kinder zu bekommen. Dazu kommen fehlende Karrieremöglichkeiten - zahlreiche Studien belegen laut Ratzer, dass dieselbe Leistung weniger gewürdigt wird, wenn eine Frau sie erbringt - und Isolation und Ausschluss. Ratzer zitiert aus einer Untersuchung zu Berufungsverfahren für ProfessorInnenenstellen, wonach sich die Kommission weiblichen Kandidaten gegenüber unhöflich, abwertend und offen desinteressiert gezeigt hätten.

Ratzers Lösung für das Problem: Keine weiteren Einzelmaßnahmen, die wie bisher verpuffen, sondern leistungsabhängige verbindliche und damit sanktionierbare sowie flexible Quoten.

Heinisch-Hosek ortet Fortschritte

Aus Sicht von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek trägt die Quotendebatte bereits erste Früchte, immerhin sei nun ein Fünftel der RektorInnenposten an den Unis mit Frauen besetzt. Dennoch müsse die Politik sich "sehr zusammenreißen", damit Frauen etwa bei der Berufswahl auch technische Fächer ins Auge fassen.

Ja zur Quote

Auch aus Sicht von uniko-Präsident Heinrich Schmidinger müssen die Unis noch "Gewaltiges leisten", um den im Universitätsgesetz 2009 vorgeschriebenen Frauenanteil von 40 Prozent in den Kollegialorganen umzusetzen. Vor allem an Technischen Unis mit ihrem generell geringen Frauenanteil werde dies schwierig. Gutierrez-Lobos forderte, Frauen an solchen Unis etwa durch Personal zu unterstützen, so dass diese nicht wegen ihres Einsatzes in den Gremien bei Lehre und Forschung Abstriche machen müssten. "Es ist wichtig, Zeichen zu setzen", betonte sie die Sinnhaftigkeit von Quoten. "Wir brauchen diese Frauen als positive Vorbilder." (APA)