Wien - Der Vorstoß von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) im Interview mit dem Standard, künstliche Befruchtung auch gleichgeschlechtlichen Paaren und alleinstehenden Frauen zu ermöglichen, hat zu Diskussionen geführt. So steht etwa die juristische Frage im Raum, welche Rechte nach dem Gleichheitssatz für männliche homosexuelle Paare daraus entstehen könnten.

Das Recht auf Adoption mit der künstlichen Befruchtung für lesbische Paare abzuleiten hält Angela Schwarz von der Antidiskriminierungsstelle der Stadt Wien jedoch für "juristisch unschlüssig". Bei der Gleichbehandlung geht es um Vergleichbarkeit. Das sei mit unterschiedlichen biologischen Determinationen von Mann und Frau ein schwieriger Ansatz.

Eventuell sei das daraus folgende Equivalent für Schwule die rechtliche Möglichkeit einer Leihmutterschaft - bis dato ein großes No-go on Österreich.

Die Forderung nach dem Recht auf Adoption für homosexuelle Paare in Österreich bestehe schon sehr lange. Dies sei zwar nicht in der Sache, aber in der Form der Benachteiligung mit der künstlichen Befruchtung vergleichbar, erklärt der Wiener Anwalt Helmut Graupner.

Der Staat dürfe Adoptionsrecht nicht aufgrund der sexuellen Orientierung verweigern. Im Fall des gesetzlichen Verbots der künstlichen Befruchtung werde von Lesben mit Kinderwunsch theoretisch erwartet, ihre Sexualität zu ignorieren und auf heterosexuellem Weg zu einem Kind zu kommen. "Von einer Frau mit zeugungsunfähigem Partner verlangt der Staat auch nicht, dass sie mit einem Dritten Sex haben muss, um schwanger zu werden", so der Anwalt. Am 1. Dezember wird in Straßburg das Thema Stiefkindadoption für eingetragene homosexuelle Partnerschaften verhandelt. Die Argumentation wäre dann auch auf das Adoptionsrecht von Fremdkindern anwendbar.

In der Realität finden Alleinstehende oder lesbische Frauen schon jetzt Wege, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen: In der Wiener Kinderwunschklinik etwa werden die Frauen beraten und hormonell auf die Behandlungen im Ausland vorbereitet. Viele unterziehen sich danach in Spanien oder Tschechien, wo die Kinderwunschklinik einen Ableger hat, einer Behandlung. Auch eine Eizellen- oder Embyronenspende ist im Nachbarland erlaubt.

Würde es Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder Singles zukünftig erlaubt, die künstliche Befruchtung auch in Österreich durchzuführen, darf dies nach heutigem Rechtsstand nur per Insemination - also direkt in den Genitaltrakt der Frau - vollzogen werden und nicht über die erfolgsversprechendere In-vitro-Methode. "Dabei ist die Insemination ein Auslaufmodell", sagt Christine Loimer von der Kinderwunschklinik. Die In-vitro-Befruchtung im Glas ist nur mit dem Samen des Partners erlaubt. (Julia Herrnböck/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.10.2011)