Politische Gewalt, die aus dem Inneren des Landes kommt: Shira (Yaara Pelzig) wird in "Hashoter" zur Extremistin.

Foto: Viennale/"Hashoter"

Das Schulterklopfen unter den Kumpels ist fast so etwas wie ein Ritual: Beherzt, kräftig und zugleich eine deutliche Grenze ziehend, begrüßt man sich wechselseitig. Sie alle sind Polizisten, Teil einer Antiterrortruppe. Ein eingeschworenes Team, eine Einheit - das sieht man schon an der entspannt beobachtenden Haltung, ein jeder mit seiner Sonnenbrille, in der sie oft zusammensitzen. Manchmal kippen diese Szenen auch um in ein Spiel, dann raufen sie miteinander wie ein Rudel junger Wölfe.

Einer von ihnen ist Yaron (Yiftach Klein), der zentrale Protagonist von Nadav Lapids Spielfilmdebüt "Hashoter" (Policeman). So demonstrativ chauvinistisch er sich im Männerverbund verhält, so umsichtig und fürsorglich bewegt er sich im familiären Umfeld. Yarons Frau ist hochschwanger, täglich massiert er ihre Beine, er trägt sie auch die Stiegen hinauf, wenn sie nicht mehr weiterkann.

Soziale Rollen- und Genderbilder

Die Genauigkeit, mit der Lapid Verhaltensmuster untersucht - oft unter Verwendung von Nahaufnahmen -, zielt freilich über Individuelles hinaus. "Hashoter", eine der Entdeckungen des diesjährigen Filmfestivals von Locarno, beschreibt in konzentrierten Bildern, wie sich in Israel soziale Rollen- und Genderbilder verfestigt haben. Sie spiegeln die Gewalt auf einer profanen Ebene wider und gehen mit unverrückbaren Freund/Feind-Schemata einher.

Lapid konfrontiert die Erzählung um die Polizisten, die gerade auch mit der indirekten Vertuschung eines fatal missglückten Einsatzes beschäftigt sind, in der Folge mit einer weiteren, in welcher Shira (Yaara Pelzig), eine junge Frau aus bürgerlichen Kreisen, im Zentrum steht. Shira ist Teil einer linksextremistischen Gruppe, die kurz vor einem gewalttätigen Einsatz steht.

Auch auf dieser Handlungsebene beschäftigt sich Lapid vornehmlich mit dem widersprüchlichen Rollenverhalten seiner Heldin, die die Avancen eines in sie verliebten Mannes abweist, um sich ihrer allzu plakativen politischen Idee zu verpflichten. Es ist dann aber weniger das dramatische Ziel, das in "Hashoter" so sehr zählt - die naheliegende Zusammenführung beider Teile des Films -, als die luzide Darstellung der Schismen einer Gesellschaft, die Lapid mit viel inszenatorischer Raffinesse erstellt. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, Printausgabe 22./23.10.2011)