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Der Begriff "Regenbogenfamilie" bezeichnet Familien, in denen ein oder beide Elternteile lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender sind. In Österreich entscheiden sich immer mehr schwule und lesbische Paare für ein oder mehrere Kinder.

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"Abgesehen davon, dass jedes Paar eine andere Möglichkeit wählt, sein Kind zu bekommen, wirft später auch jede Familienkonstellation andere Fragen auf", sagt Familientherapeutin Elisabeth Cinatl.

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In Österreich gibt es derzeit weit mehr lesbische als schwule Paare mit Kind. Genaue Zahlen oder Studien zu Regenbogenfamilien gibt es hierzulande aber noch keine.

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Rechtlich liegt für Regenbogenfamilien in Österreich noch einige im Argen: So ist es etwa der Partnerin oder dem Partner des leiblichen Elternteils derzeit nicht gestattet, das Kind von Lebensgefährten oder -gefährtin zu adoptieren - egal ob es einen anonymen privaten Samenspender gibt, die Spende aus einer Samenbank kommt oder ein leiblicher zweiter Elternteil sich mit einer Adoption einverstanden erklärt.

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Der dreijährige Theo geht in den Kindergarten, spielt gern auf dem Spielplatz in der Sandkiste und erzählt seinen Eltern nach dem Abholen begeistert von seinen Erlebnissen. Sein Alltag verläuft wie der vieler anderer Dreijähriger auch - nur, dass Theo statt Mama und Papa zwei Mamas hat. Theo ist ein Regenbogenkind.

Den Begriff "Regenbogenfamilie" gibt es noch nicht lange. Er bezeichnet Familien, in denen ein oder beide Elternteile lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender sind. "Regenbogenfamilien sind bei uns ein sehr junges Phänomen. Nach den Errungenschaften der Schwulen- und Lesbenbewegung in den letzten Jahren ist es ganz logisch, dass Familie und Kinder bei homosexuellen Menschen jetzt Thema werden", sagt Familientherapeutin Elisabeth Cinatl, die auch bei der am 10. November in Wien stattfindenden Fachkonferenz zu Regenbogenfamilien referieren wird.

Mama + Mama = Mama + Papa?

Immer mehr Regenbogenkinder würden in eine bestehende homosexuelle Beziehung hineingeboren, die meisten seien jetzt erst im Kindergartenalter oder jünger, sagt Cinatl. Bei einigen Familien bringt eine oder einer der PartnerInnen aber auch Kinder aus einer ehemaligen heterosexuellen Beziehung mit. Womit Regenbogenfamilien in der Gesellschaft zum Teil noch kämpfen, sei das Vorurteil, dass Kinder nur in einer heterosexuellen Partnerschaft mit Mutter und Vater als Eltern optimal aufwachsen können - auch wenn zahlreiche Studien mittlerweile das Gegenteil beweisen: "Nur weil ein Kind zum Beispiel mit zwei lesbischen Müttern aufwächst, heißt das noch lange nicht, dass das Familienumfeld frei von Männern ist", gibt Cinatl zu bedenken.

Viele gleichgeschlechtliche Paare würden sogar ganz gezielt darauf achten, dass das Kind von Anfang an auch andersgeschlechtliche Bezugspersonen hat. In Familien mit Patchwork-Konstellationen ist das oft von vornherein gegeben. "Unser Kind hat vier Onkels und zwei Opas, also gleich mehrere männliche Vorbilder, weil wir wollen, dass es ihm an nichts fehlt", sagt Barbara Schlachter, Obfrau des neu gegründeten Vereins "FAmOs - Familien Andersrum Österreich" und eine Mama des dreijährigen Theo. Für sie ist "Familie dort, wo Kinder sind": "Es geht nicht drum, ob Mama oder Papa - es geht ums Liebhaben", ist sie überzeugt.

Engagierte Eltern

Sowohl Elisabeth Cinatl wie Barbara Schlachter betonen, dass homosexuelle Paare sich meist akribisch auf ihre Mutter- oder Vaterschaft vorbereiten und später besonders engagierte Eltern sind. "Regenbogenkinder sind absolute Wunschkinder, die Eltern haben sich oft jahrelang überlegt, wie sie es bekommen und aufziehen wollen, denn man muss das gut planen", so Cinatl. "Besonders für den sogenannten Co- oder sozialen, nicht-leiblichen Elternteil ist dies oft eine Phase der Rollenfindung. Viele empfinden sie wie ein zweites Coming-out, wo viele homophobe Vorurteile und Ängste wie ‚Kann ich als Lesbe denn eine gute Mutter sein?‘ nochmal hochkommen."

Man könne auch nicht alle Regenbogenfamilien über einen Kamm scheren, sagt die Familientherapeutin: "Abgesehen davon, dass jedes Paar eine andere Möglichkeit wählt, sein Kind zu bekommen, wirft später auch jede Familienkonstellation andere Fragen auf. Ein lesbisches Paar etwa, das sein Baby gemeinsam mit einem schwulen Paar bekommt, lebt anders und braucht andere Regeln als zwei Frauen, die einen anonymen Spender gewählt haben und das Kind alleine großziehen."

Selbstbewusstsein gefragt

Eines gelte jedoch für alle gleichgeschlechtlichen Paare mit Kindern oder Kinderwunsch: "Man muss zu sich und seiner Homosexualität stehen und genug Selbstbewusstsein haben, damit man nach außen sicher auftreten kann", so Cinatl und Schlachter, denn: "Mit einem Kind muss man sich jeden Tag von neuem outen, da kann man nichts verheimlichen." Überall, wo man als Familie auftrete, sei das Thema präsent, von der Schwangerschaftsgymnastik über den Spielplatz bis zu Kindergarten und Schule, berichtet Schlachter aus eigener Erfahrung. "Am besten ist, die Wahrheit gleich zu sagen und auch das Kind altersgerecht mit dem Wissen aufwachsen zu lassen, wie es entstanden ist. Ich weiß nicht, wie oft ich den Satz ‚Theo hat keinen Papa, er hat zwei Mamas‘ schon gesagt habe. Manchmal ist das anstrengend."

Für Kinder in Regenbogenfamilien sei diese Familienform selbstverständlich, obwohl sie den Unterschied zu anderen Familien bereits früh wahrnehmen. "Ich habe keine Angst, dass mein Kind unsere Familienkonstellation in Frage stellt - ich frage mich vielmehr: Wie gehen andere Erwachsene auf unser Kind zu?", spricht Viviane Pernthaller, Mutter einer vier Monate alten Tochter und Organisatorin der im Verein FAmOs integrierten Kinderwunschgruppe, eine der Herausforderungen für Regenbogenfamilien an.

Kein Recht für soziale Eltern

Barbara Schlachter und ihre Partnerin haben im Alltag in Wien bisher nur positive Erfahrungen als Regenbogeneltern gemacht: "Wir erleben viel Akzeptanz von allen Seiten. Sogar als Theo im Krankenhaus war, durfte meine Partnerin bei ihm bleiben und niemand hat das beanstandet." Rechtlich liege für Regenbogenfamilien in Österreich jedoch noch einiges im Argen. So ist es etwa der Partnerin oder dem Partner des leiblichen Elternteils, die/der eine wichtige Bezugsperson des Kindes ist, derzeit nicht gestattet, das Kind von Lebensgefährten oder -gefährtin zu adoptieren, egal ob es einen anonymen privaten Samenspender gibt, die Spende aus einer Samenbank kommt oder ein leiblicher zweiter Elternteil sich mit einer Adoption einverstanden erklärt.

"Im derzeitigen Partnerschaftsgesetz ist die Stiefkindadoption sogar explizit verboten, weshalb viele Paare mit Kindern sich nicht eintragen lassen", sagt Barbara Schlachter. „Wenn mir etwas passiert, hat meine Partnerin zurzeit keinerlei Recht, unseren Sohn weiter bei sich aufzuziehen, obwohl auch sie seit seiner Geburt jeden Tag für ihn da ist. Abgesehen davon, dass es den sozialen Elternteil traurig macht, nirgends als Vater oder Mutter in den Unterlagen des Kindes aufzuscheinen."

Auch im Falle einer Trennung oder wenn der leibliche Vater bekannt ist und plötzlich doch Anspruch auf die aktive Vaterrolle erheben sollte, habe die soziale Mutter keine rechtliche Absicherung. Besonders die Kinder wären da die Leidtragenden, unterstreicht Elisabeth Cinatl: "Der Gesetzgeber müsste dafür sorgen, dass die Bezugsperson für das Kind nicht wegfällt. Es ist das Recht des Kindes, dass auch getrennte PartnerInnen auf Elternebene noch miteinander zu tun haben und dafür braucht es die rechtliche Anerkennung der sozialen Elternschaft."

Männer haben es schwerer

In Österreich gibt es derzeit weit mehr lesbische als schwule Paare mit Kind. Genaue Zahlen oder Studien zu Regenbogenfamilien gibt es hierzulande aber noch keine. Für schwule Männer ist es generell schwieriger, eine Familie ohne die Präsenz eines mütterlichen Elternteils zu gründen, da homosexuelle Paare derzeit auch kein Kind adoptieren dürfen. Auch die - aufgrund des jüngsten Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wieder aktuell diskutierte - medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist homosexuellen Paaren verboten (siehe auch Interview "Stöger will künstliche Befruchtung für Single-Frauen und Homosexuelle").

Eine Möglichkeit, die schwule Paare auch immer mehr beanspruchen, ist, ein Pflegekind zu sich zu nehmen, was derzeit aber nur in Wien, Oberösterreich und der Steiermark geht. Auch die Tiroler Jugendwohlfahrt macht die Pflegeelternschaft nicht von der sexuellen Orientierung abhängig. "Das ist zwar ein positives Signal, es signalisiert aber auch, dass homosexuellen Menschen zwar Pflegekinder, deren Betreuung viel Feingefühl erfordert, anvertraut werden, eigene oder adoptierte Kinder aufzuziehen traut man ihnen aber nicht zu", kritisiert Barbara Schlachter. 

Familie wie jede andere

Mit dem neuen Verein "FAmOs" hoffe man, durch Bewusstseinsarbeit dazu beizutragen, dass sich die rechtliche Situation bald bessert. Neben Networking können sich Betroffene dort mit anderen Regenbogenfamilien austauschen und aktuelle Informationen einholen. "Vor allem aber geht es uns um eines: Regenbogenfamilien in der Öffentlichkeit sichtbarer zu machen und zu zeigen, dass wir genauso Familien sind wie andere, konventionellere Familienformen. Selbst wenn wir derzeit in Österreich rechtlich noch nicht als Familie gelten, sind wir es doch in unserem Alltag." (Isabella Lechner/dieStandard.at, 7.11.2011)