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Eines weiß ich jetzt: Katzen und Kinder sind der Kitty der Gesellschaft.

Foto: AP/JPN

Seit ich ein Kind habe, ist etwas mit meinem Sprachgebrauch passiert: Ich verwende das Wort süß immer öfter. Es fing schon vor der Geburt an, als ich die geschenkten Strampler von FreundInnen in Empfang nahm und es aus meinem Innersten hervorquoll: "Ach, ist das süß!" Die Babys von Freundinnen: "Süß". Und schließlich das Eigene: "am Süßesten".

Schön langsam mache ich mir also wegen meiner Süß-Frequenz Sorgen. Immerhin finde ich die Welt im Allgemeinen nicht so süß. Woher kommt das nur? Es muss etwas mit dem Kinderkriegen zu tun haben.

Um mein Geschlecht zu retten, sei hier darauf verwiesen, dass der Papa inzwischen auch hauptsächlich süßes wahrnimmt. Was gibt es süßeres, als ein Krabbel-Kind, das sich mit wilden Schmatzgeräuschen auf eine Gewürzgurke stürzt? Oder dreckig auflacht, nachdem es einem umstandslos in die Nase gekniffen hat?

Die Süß-Invasion also kein Frauenproblem, soviel ist schon mal klar. Dennoch bleibt ein gehöriger gender trouble übrig. Und der geht so:
Es ist ja ein alter Hut, dass die Zuschreibung stereotyper Geschlechterrollen bereits im Baby-Alter beginnt. Eltern von Mädchen herzen und drücken ihr Kind mehr, mahnen es zur Vorsicht und behüten es mehr als männlichen Nachwuchs. Und was tun wir? Flüstern unserem Baby bei jeder Gelegenheit ins Ohr, wie süß es ist. In letzter Zeit kamen wir auch noch darüber ein, dass unser Kind sehr "lieb" und so "brav" ist.

Süß, lieb und brav. Das sind Schneewittchen und Pfirsichblüten-Barbie (Mattel hab sie selig!), wie sie sich für den großen Brautbasar zurechtmachen. Es ist aber auch das Kätzchen, das uns täglich gut gekämmt aus dem Kleinformat entgegenlacht. Selbst das betrachte ich heute mit anderen (etwa gar mütterlichen?) Augen. Ganz offensichtlich bin ich keine mehr, die sich gegen den Kitty der Gesellschaft erwehren kann ... (dieMama, 14.11.2011)