Vor kurzem war es das erste Mal so weit. Das Kind machte eine Unterscheidung. Auf meinem Arm sitzend wollte es plötzlich unbedingt zu Papa. Und als Papa dann die Wohnung verließ, stellte es sich vor die Tür und begann fürchterlich zu weinen.

Auf so einen Fall war ich nicht vorbereitet. Nicht emotional und auch nicht intellektuell. Wie ein Zaungast stand ich hinter dem Kind und beobachtete die Szene. Wie konnte das sein: Mama abgelehnt, Papa innig gewollt?

Spontan schluckte ich meine gekränkte Eitelkeit hinunter und machte mich daran, mein Kind über den Papa-Verlust hinwegzutrösten. Was weiter hieß: Dass es jetzt erst einmal mit mir Vorlieb nehmen musste.

Und da wurde mir plötzlich bewusst: Einen Menschen unerwünscht mit meiner Anwesenheit zu beglücken und auch noch vehement darauf zu bestehen, war eine gänzlich neue Position für mich.

Irgendwie selbstlos und irgendwie grausam. Und das Kind leidet natürlich auch, aber nicht, weil es eine vor den Kopf stößt, sondern weil sie ihre Bezugsperson vermisst. Verzwickt ist das alles. Meine Freundin meint, dass frau eben nicht alles haben kann: geteilte Karenz und totale Fixierung auf die eigene Person. In diesen Momenten tröstet mich das aber nicht ... Falls es also bereits irgendwo eine Selbsthilfe-Gruppe für Zweitbeste Mamas geben sollte bin ich über Hinweise dankbar! (dieMama, 25.11.2011)