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Mütterbilder wie diese sind aus der Öffentlichkeit fast verschwunden. Doch sie prägen offenbar immer noch unsere Vorstellungen von guter Mutterschaft.

Foto: APA/ALOIS LITZLBAUER

Es ist noch gar nicht lange her, da schimpfte die Frauenministerin mit Österreichs Familien. Als konservativ und kinderfeindlich bezeichnete sie die österreichische Gesellschaft ausgerechnet in einem "Heute"-Interview. Im gleichen Stück ließ sie auch noch mit dem Vorschlag aufhorchen, die Langzeitvariante des Kinderbetreuungsgeldes (30 plus sechs Monate in etwa 436 Euro) in den nächsten drei Jahren abschaffen zu wollen.

Wie hier berichtet hörten sich ihre Forderung im darauf folgenden Gleichbehandlungsausschuss dann nicht mehr so radikal an, doch in der Tendenz wiederholte sie ihren Vorstoß, wohlwissend, dass er in breiten Teilen der österreichischen Bevölkerung nicht gut ankommen wird. Ist die Langzeitvariante beim Kinderbetreuungsgeld mit 49 Prozent doch immer noch die beliebteste Variante bei den Eltern (und die Väterbeteiligung im Übrigen die Geringste).

Mär von der Wahlfreiheit

Die Retourkutsche der selbsternannten Familienparteien und ihren anverwandten Organisationen ließ nicht lange auf sich warten. Geht es nach der ÖVP, so sollen Mütter selbst entscheiden, wie lange sie zuhause bei ihren Kindern bleiben, auch wenn es die Erwerbs- und Karrierechancen von Frauen nachhaltig schadet. Dass sie in späteren Jahren aufgrund mangelnder finanzieller Unabhängigkeit dann aber leider nicht mehr "wählen" können, ob sie sich von ihrem Partner trennen wollen, auf Urlaub fahren oder ein neues Zahnimplantat anschaffen wollen, steht auf einem anderen Blatt, das die ÖVP in Sachen "Wahlfreiheit" gerne zur Seite legt.

Aber vermutlich nicht nur ÖVP und FPÖ, die gar von einem radikalfeministischen Angriff auf die Familien im Land sprach, würden eine solche Änderung als Bevormundung kritisieren, sondern auch die Familien. Laut einer Wertestudie des market Instituts in diesem Jahr gaben etwa 48 Prozent der Frauen an, dass Mütter mit Kindern unter sechs Jahren ganztägig zu Hause bleiben sollten, wenn es finanziell möglich ist.

Angesichts dieser vorherrschenden Einstellungen ist es schon ein gewagter Schritt, der ÖsterreicherInnen liebstes Kinderbetreuungsmodell in Frage zu stellen. Er deckt sich im übrigen auch mit der Forderung der Grünen, die darauf hinweisen, dass die Langmodell-BezieherInnen weniger werden, seit es die Kurz-Varianten gibt: Von 60,5 Prozent im Jahr 2009 auf 49,6 Prozent 2011. Das ist ein kleines Zeichen, dass sich zumindest irgendetwas bewegt.

Damit es weitergeht

Zwar ist es nichts Neues, dass BürgerInnen Gesetze gegen ihre Interessen aufgedrückt werden. Die durchwegs unpopulären Sparmaßnahmen, die jetzt in sämtlichen EU-Ländern durchgepeitscht werden, sind ein omnipräsentes Beispiel dafür. Der Unterschied bei der Forderung der Frauenministerin besteht aber darin, dass er ausnahmsweise nicht aus reinem Sparzwang entwickelt wurde, sondern gesellschaftspolitischen Gestaltungswillen atmet, der weit in die nächste Frauengenerationen hineinreicht. Man könnte ihn als Beispiel für politische Vernunft und Weitsicht sehen, die wir aktuell so sehr in der politischen Klasse vermissen.

Solange wir in einem System leben, in dem die Erwerbstätigkeit von Menschen die zentrale Voraussetzung für eine eigenständige soziale Absicherung bedeutet, kann eine verantwortungsvolle Politik Frauen nur dazu animieren, möglichst lang und möglichst viel in die entsprechenden Sicherungssysteme einzuzahlen. Das Gegenteil davon ist, Frauen in ihrem fortpflanzungsfähigen Alter Wahlfreiheit vorzugaukeln, nur um sie dann in allen anderen Lebensbereichen jenseits der Familienarbeit im Regen stehen zu lassen. (dieStandard.at, 21.12.2011)