Bild nicht mehr verfügbar.

"Chantal-Mütter" oder "Jakob-Mütter"?! Blogs wie Chantalismus verschärfen soziale Vorurteile.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Beim Herumklicken, was die anderen feministischen Mamas wie zum Beispiel Franziskript in ihrer Pausenzeit so treiben, bin ich auf den neuen Blog Chantalismus gestoßen. Die BetreiberInnen schließen damit wohl an eine Debatte an, die vor nicht allzu langer Zeit unter dem Stichwort "Kevinismus" durch deutschsprachige Medien geisterte. Dass dieser immer noch lebt, dokumentieren die zahlreichen Schnappschüsse von Kinderaufklebern an deutschen Heckscheiben sowie Geburtsannoncen, die überzeugte Anti-Chantals auf der Seite posten.

Beim Durchklicken der zahlreichen Einsendungen, die seit Beginn dieses Jahres den Blog erreicht haben, kann tatsächlich der Eindruck entstehen, dass im deutschsprachigen Raum englisch, französisch oder italienisch angelehnte Namen bald dominieren werden: Vornamen wie Ashley, Antonella, Angelina oder auch Madline, Maili und Schakira sind für deutschsprachige Eltern keine Seltenheit mehr.

Auch die Doppelnamen erfreuen sich offenbar größter Beliebtheit: Amy-Jean Shahira, Connor-Enrique, Jermaine-Joel oder auch Pierre-Gilbert, das selbst das so benannte Kind nur als "Pirschelbär" aussprechen konnte.

Letzteres finde ich auch lustig, weil es ein süßer Versprecher ist. Was an dem Blog aber überhaupt nicht lustig ist, ist der klassistische, abwertende Ton, in dem die vielen belustigten bis empörten Anti-Chantals ihre Namensbeobachtungen kundtun. So weist etwa der Schnappschuss einer Heckscheibe, auf der zu lesen ist: "Die Vornamen eurer dicken Kinder interessieren niemanden", besonders viele Favoriten-Markierungen auf.

Im Sinne der Fairness würde ich es außerdem begrüßen, wenn diejenigen, die sich über die an Pop- und Medienstars angelehnte Namenswahl lustig machen und mit ihnen alle möglichen sozialen Vorurteile verbinden, im Gegenzug ihre wohlüberlegte Namenswahl und ihren BMI-Wert offenbaren würden.

Leider sind die Anti-Chantals wohl nicht für so viel Selbstironie zu haben. Und leider wird es in absehbarer Zeit wohl auch keine vergleichbaren Blogs geben, die sich über die ach so seriösen Namen der (Achtung: Vorurteil!) BildungsbürgerInnen dieser Welt lustig machen.

Das Bedürfnis oder vielleicht sogar die Notwendigkeit, sich von anderen Eltern sozial und kulturell abzugrenzen, ist bei den vielseits gebashten Chantal-Eltern offenbar nicht so ausgeprägt, wie bei ihren GegnerInnen. (dieMama, dieStandard.at, 20.1.2012)