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Die 14 RichterInnen des Verfassungsgerichtshofs.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Lediglich vier der 14 Mitglieder im österreichischen Höchstgericht, dem Verfassungsgerichtshof (VfGH), sind Frauen. Bei den weniger prestigeträchtigeren Stellen der Ersatzmitglieder sieht das Verhältnis gleich anders aus: Unter den insgesamt sechs Mitgliedern befinden sich vier Frauen. Seit Donnerstag wurde via Ausschreibung in der "Wiener Zeitung" offiziell, dass die Stelle von Peter Oberndorfer nachbesetzt werden muss, weil er den VfGH aus gesundheitlichen Gründen Ende Jänner verlassen wird. Das wiederum bedeutet, dass der Frauenanteil auf fünf erhöht werden könnte.

Als 2010 erneut ein Mann, nämlich Michael Holoubek, zum VfGH-Richter bestellt wurde, war die Aufregung unter Feministinnen und Frauenpolitikerinnen groß. Eine der BewerberInnen, Lilian Hofmeister, wurde als eine der FavoritInnen gehandelt zumal sie die Anforderungen der Stelle erfüllt, lange Erfahrung als Richterin vorweisen kann und ohnehin seit 1998 Ersatzmitglied am VfGH ist. Schließlich war sie auch die einzige Frau, die ihre Bewerbung nicht vor dem Hearing zurückgezogen hatte.

Feministische Unterstützung und männliche Besetzungen

Autonome Frauen unterstützten sie etwa durch Massen-Emails an PolitikerInnen, in denen diese aufgefordert wurden, für die ehemalige Handelsrichterin zu stimmen. "Sozialdemokratisch denkende Frauen in ganz Österreich haben meine Bewerbung damals gestützt", erzählt sie gegenüber dieStandard.at und dennoch "sehe ich mich nicht als Parteisoldatin, weil ich keiner Partei angehöre, aber durchaus als sozialdemokratisch denkender Mensch". Doch beide Initiativen blieben erfolglos. Seit 2010 wurden zwei weitere HöchstrichterInnen-Stellen mit Männern besetzt.

Das Recht, Oberndorfers NachfolgerInnen zu bestimmen, steht dieses Mal der Regierung zu - im Vergleich zu anderen Besetzungen, die vom Bundes- oder Nationalrat bestimmt wurden und durch ein Hearing finalisiert werden. Realpolitisch dürfte die Entscheidung die SPÖ fällen, wenngleich Oberndorfer der schwarzen Seite zugerechnet wird. Eine der beiden heuer nötigen Neubesetzungen am VfGH (auch Richter Georg Ruppe wird in Pension gehen) soll aber den SozialdemokratInnen versprochen sein. Von den insgesamt 14 RichterInnen werden aktuell neun der ÖVP zugerechnet.

Auch die Verfassungssprecherin der Grünen geht davon aus, dass die in Kürze anstehende Besetzung der SPÖ überlassen wird. Neben dem nicht rechtlich geregelten parteipolitischen Einfluss kommt auch das in einer Verfassungsklausel verankerte Föderalismusprinzip bei der Besetzung zum Einsatz. Musiol erinnert die SPÖ aber vor allem daran, dass der SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim 2010 ankündigte, eine Verfassungsrichterin zu bestellen. "Wir sollten uns vornehmen, dass beim nächsten Mal eine Frau in den VfGH einzieht", sagte Jarolim bei der damaligen Debatte. Ob die SPÖ diese Linie weiterhin vertritt ist noch unklar, denn bisher war der Justizsprecher Jarolim in dieser Causa nicht erreichbar.

"Tanzschul-Ritual"

Die 2010 erfolglose Kandidatin, Lilian Hofmeister, überlegt noch, ob sie sich bewerben soll. "Ich halte mich für qualifiziert für diesen Job und weiß durch meine langjährige Tätigkeit als Ersatzmitglied, wie viel harte und anspruchsvolle Arbeit da auf mich zukommen würde. Und ich kenne einige andere Juristinnen, die genauso geeignet wären. Auf jeden Fall wären es tolle Jahre. Sie merken schon, ich spreche im Konjunktiv", betont sie. Um aber eine realistische Chance im derzeitigen Verfahren zu erhalten, ist es aussichtsreicher zu warten, bis die Politik sie auffordert, eine Bewerbung einzureichen, gibt sie gegenüber dieStandard.at zu bedenken. Sie setzt das Auswahlverfahren der Bundesregierung einem "Tanzschul-Ritual" gleich. Es kommt nun darauf an, von der Politik aufgefordert zu werden, sich zu bewerben. "Da sollte man dann zuwarten, bis angefragt wird. Selbstverständlich muss man einen bestimmten Bekanntheitsgrad haben, um überhaupt aufgefordert zu werden", beschreibt sie das Vorgehen.

Generell werden die VfGH-RichterInnen abwechselnd vom Bundesrat, Nationalrat und der Bundesregierung bestimmt. Beim jetzigen Verfahren entscheidet nach Ende der Bewerbungsfrist die Regierung über die Nachfolge. Gemäß den in der Verfassung festgelegten Regeln muss ein/e VfGH-RichterIn "aus dem Kreis der RichterInnen, VerwaltungsbeamtInnen oder ProfessorInnen eines rechtswissenschaftlichen Faches an einer Universität" stammen, aber auch RechtsanwältInnen sind beim VfGH immer wieder willkommen.

Ausladende Verhältnisse

Seit Ende der 1980er Jahre werden RichterInnen-Stellen am VfGH überhaupt erst öffentlich ausgeschrieben. Und seit einigen Jahren scheint es am VfGH üblich zu werden, die Positionen mit Universitätsprofessoren zu besetzen. Nachdem auch hier der Frauenanteil gering ist, spricht das nicht für eine weibliche Besetzung. "Professoren werden gerne am VfGH gesehen, weil sie in ihren Entscheidungen kalkulierbarer sind als etwa Rechtsanwälte oder Berufsrichter", so Hofmeister, die seit den 1980er Jahren im Gewaltschutz, in der Gleichbehandlung und der feministischen Basisarbeit engagiert ist. Gerade aber die berufliche Vielfalt der HöchstrichterInnen und der Föderalismus spielt für die Qualität des VfGH eine wesentliche Rolle und ist deshalb im Verfassungsrecht auch so festgeschrieben.

Daniela Musiol sieht Frauen unter diesen Bedingungen benachteiligt. In einem Interview gab sie zu bedenken, dass mit solchen Signalen nachvollziehbar sei, "dass manche Menschen sagen, da trete ich nicht an". Hofmeister sieht das ähnlich und ermuntert gegenüber dieStandard.at die Juristinnen, sich zahlreich zu bewerben. (eks, dieStandard.at 23.1.2011)