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Geht es nach den Grünen, soll "soziale Elternschaft" künftig beim Bezug des Kindergeldes berücksichtigt werden.

Foto: APA/epa/ORESTIS PANAGIOTOU

Wer in Österreich ein Kind bekommt, ist aktuell mit fünf verschiedenen Kinderbetreuungsmodellen und drei verschiedenen Zuverdienstgrenzen konfrontiert. Vielen Eltern sei das System inzwischen zu kompliziert, um ohne ExpertInnen-Unterstützung die Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle auf ihre Situation umzulegen, kritisieren die Grünen.

Um die Sache für Eltern zu vereinfachen, haben die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner und Familiensprecherin Daniela Musiol nun ein einheitliches neues Modell entwickelt, das das bisherige System ablösen soll. Zentrale Kennzeichen dieses "radikalen Umbaus", wie Schwentner bei der Präsentation am Mittwoch betonte: ein einkommensabhängiges Modell für alle KindergeldbezieherInnen sowie die Möglichkeit, "soziale Eltern" (Vertrauenspersonen) als KindergeldbezieherInnen einzusetzen, was vor allem Alleinerziehenden zugutekommen würde.

Partnerschaftliche Elternschaft

Ziel der grünen Familienpolitik sei es, Frauen einen möglichst schnellen Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen und eine partnerschaftliche Elternschaft in Österreich zu fördern. In Anbetracht der gesellschaftlichen Realitäten schrecken die Grünen auch nicht vor der gesetzlichen Verankerung eines "automatisierten Papa-Monat" in den ersten vier Wochen nach der Geburt zurück. Musiol will das verpflichtende Papa-Monat nicht als Zwang verkaufen: "Für uns steht das Angebot für Väter im Vordergrund, eine Beziehung mit ihren Kindern aufzubauen."

Das Modell im Detail

Das Kinderbetreuungsgeld soll zukünftig für alle einkommensabhängig gestaffelt sein. Wie schon beim jetzigen einkommensabhängigen Modell erhielten BezieherInnen dann 80 Prozent ihres Netto-Letztgehalts (bis max. 2000 Euro), mindestens aber 1000 Euro. Die Vollzeitvariante dauert maximal 14 Monate, wobei mindestens vier Monate vom anderen Elternteil bezogen werden müssten. Jeder Elternteil könnte also maximal zehn Monate in Karenz bleiben.

Um das Einheitsmodell möglichst flexibel zu halten, soll es außerdem möglich sein, in Teilzeitkarenz zu gehen, und zwar für maximal 18 Monate. Dabei würden die BezieherInnen maximal 40 Prozent ihres Letztbezugs erhalten.

Zuverdienstgrenzen

Auch die Zuverdienstgrenzen wollen die Grünen ändern. Von einer absoluten Grenze, wie sie derzeit gesetzt ist, halten sie wenig, stattdessen soll eine relativ zum bisherigen Einkommen gesetzte Grenze Lebensstandards auch in der Karenz erhaltbar machen. In der Vollzeitvariante schlagen sie eine Zuverdienstgrenze von maximal 20 Prozent des bisherigen Einkommens vor, bei der Teilzeitkarenz kann diese bis zu 60 Prozent des Letztbezugs betragen.

Soziale Elternschaft

Auch für Alleinerziehende wollen die Grünen Änderungen erzielen. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, Vertrauenspersonen als PartnerInnen anzugeben, die dann ebenfalls Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld haben. Die Diskriminierung, dass Alleinerziehende, die in der Regel finanziell besonders bedürftig sind, das Kinderbetreuungsgeld weniger lang beziehen können als Paare, wollen die Grünen so eliminieren. Auch homosexuelle Paare und Patchwork-Familien würden von dieser Regelung profitieren, betonten die Politikerinnen.

Finanzierung realisierbar

Die Grünen rechneten vor, dass die neuen familienpolitischen Geldleistungen Sparpotenzial böten, das in den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen investiert werden solle. "In Österreich fehlen derzeit 80.000 Kinderbetreuungsplätze. Um diesen Mangel zu beseitigen, bräuchte es 400 bis 450 Millionen Euro", so Musiol. Sie geht davon aus, dass die Umgestaltung des Kinderbetreuungsgeldes rund 300 Millionen Euro einsparen würde. Den Rest wollen sich die Grünen durch die Rücknahme steuerlicher Förderungen wie des Kinderfreibetrags und der steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuung holen (allesamt Maßnahmen, die bei der Steuerreform 2009 eingeführt wurden). Insgesamt könnten so rund 500 Millionen Euro in familienbezogene Sachleistungen gesteckt werden.

Unberührt würden von den Veränderungen andere Familienleistungen wie die Familienbeihilfe bleiben, was das Modell der Grünen maßgeblich von den kürzlich präsentierten Vorschlägen von Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung unterscheidet (dieStandard.at berichtete).

Teilzeit neu bewerten

Mit dem neuen Kinderbetreuungsgeld wolle man der österreichischen Familienpolitik ein modernes Gesicht verleihen, betonten die Politikerinnen unisono. Zwar werde Eltern damit die Wahl zwischen verschiedenen Modellen genommen, jedoch ein anderer Aspekt von Wahlfreiheit verwirklicht: "Mit dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen haben Frauen dann endlich die Möglichkeit, bald wieder in den Beruf zurückzukehren", so Musiol. "Um eine wirklich partnerschaftliche Elternschaft verwirklichen zu können, braucht es aber natürlich mehr als ein fortschrittliches Kindergeld", so Schwentner gegenüber dieStandard.at. Die Frauenpolitikerin wünscht sich etwa eine dringende Diskussion über neue Teilzeitmodelle, die es Eltern auch längerfristig ermöglichen, Berufs- und Familienleben besser miteinander zu verbinden. (freu, dieStandard.at, 25.1.2012)