Kairo/Frankfurt am Main - Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) kritisiert "weitere Rückschritte in Bezug auf Frauenrechte" in Ägypten. Dem neu gewählten 498-köpfigen Parlament gehörten 486 Männer und zwölf Frauen an. Diese "erschreckende Bilanz" sei auf die vom Obersten Militärrat verfügte Abschaffung der unter dem gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak eingeführten Frauenquote im Parlament zurückzuführen, schrieb die IGFM in einer am Dienstag veröffentlichten Aussendung.

Die erst 2010 eingeführte Quote sei durch die Regelung ersetzt worden, dass auf jeder Wahlliste mindestens eine Frau stehen müsse. Über 70 Prozent der Abgeordneten gehörten dem islamistischen Spektrum an. Für Frauenrechte bedeute dies eine "Katastrophe", so die IGFM.

Frauen unten gereiht

Die Diskriminierung weiblicher Kandidatinnen sei bereits bei der Platzierung auf den Wahllisten sichtbar geworden. Sowohl in den Listen der islamistischen Parteien als auch in denen der liberalen und säkularen Parteien habe man die Mehrzahl der Frauen nur in der unteren Hälfte gefunden.

Die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei der Muslimbrüder, mit 235 Sitzen stärkste Partei im Parlament, schickte laut IGFM etwa 70 Kandidatinnen ins Rennen und stellt nun mit vier "Muslimschwestern" die meisten weiblichen Abgeordneten. Das Programm dieser "Muslimschwestern" sei ebenso wie das ihrer männlichen Kollegen fundamental-islamistisch ausgerichtet und richte sich gegen den Fortschritt im Bereich Frauen- und Kinderrechte.

Nach Angabe der IGFM gehören vier weibliche Abgeordnete der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei an, drei Abgeordnete der liberalen Wafd-Partei und jeweils eine Abgeordnete der Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei und der Reform- und Entwicklungspartei. Die drei weiblichen Abgeordneten Susie Adly Nashed, Marianne Malak Kamal, Hanna Georges Grace, die alle Angehörige der koptischen Minderheit sind, wurden vom Oberbefehlshaber des de facto herrschenden Militärrats, Marschall Hussein Tantawi, direkt bestimmt.

"Muslimschwestern" dürfen parteiintern nicht mitbestimmen

Die IGFM ist nach eigenen Angaben "bestürzt" darüber, dass die meisten weiblichen Abgeordneten einer Partei angehören, die ihre eigenen Mitglieder diskriminiere. Die sogenannten "Muslimschwestern" dürften immer noch nicht an parteiinternen Wahlen teilnehmen, auch die Mitgliedschaft in den oberen Parteiorganen sei Männern vorbehalten, so die IGFM. (APA)