Montage: diestandard.at

Die Sticker-Mania kann einer schon auf die Nerven gehen: Kein Einkauf über zehn Euro, der inzwischen nicht mit einer Packung Sticker quittiert wird. Nun gesellt sich zur situativen Unannehmlichkeit noch eine inhaltliche dazu. Der Anlass: die neue "Österreich"-Auflage des Billa-Stickerbuches.

"Unser Österreich"

Darin werden die SammlerInnen - in der Regel kleine, wissbegierige Kinder - mit den Sehenswürdigkeiten, Besonderheiten und Persönlichkeiten aus "unserem Österreich" vertraut gemacht. Heimat-Bilder im Lichte einer der größten Lebensmittelketten des Landes, das könnte bereits für Kommentarstoff sorgen, aber mit der Mia-san-mia-Problematik derartiger KundInnenbindungsaktionen wollen wir uns dieses Mal nicht aufhalten.

Was uns hier stört, ist der Umstand, dass sich unter den 37 "österreichischen Persönlichkeiten", die das Heft neben Sehenswürdigkeiten, Tieren und Kulturgütern präsentiert, lediglich zwei Frauen befinden. Nur zwei? In nur fünf Sekunden fallen jeder und jedem doch mindestens zehn weibliche Persönlichkeiten ein.

Diskriminierungsignoranz

Aber nicht bei Billa. Dort denkt frau offenbar eher in männlichen Kategorien. Und wie so oft in diesen Fragen weisen die Verantwortlichen den Diskriminierungsvorwurf weit von sich: In einem Antwortschreiben an eine über das verzerrte Geschlechterverhältnis verärgerte Mutter heißt es da: "Es ging uns dabei nicht darum, bevorzugt Männer anzuführen, sondern darum, eine spannende Auswahl an Persönlichkeiten aus der Gegenwart, aber auch aus der Vergangenheit aufzuzeigen."

Und die spannenden Persönlichkeiten sind nun mal mehrheitlich Männer, gell? Sie heißen Hermann Maier, Mozart, DJ Ötzi und Sigmund Freud und eben nicht Romy Schneider, Bertha von Suttner oder Elfriede Jelinek, die ja "nur" Literaturnobelpreisträgerin geworden ist.

Kein Anspruch auf Vollständigkeit

Um Diskriminierung handle es sich, so das rein weibliche redaktionelle Team des "Österreich"-Stickeralbums, deshalb nicht, weil das Heft keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe und sie als Frauen sich durch ihre eigene Auswahl auch nicht gestört fühlen.

Punkt eins ist korrekt: Billa erhebt diesen Anspruch nicht, doch ändert das nichts daran, dass sie mit einem "Österreich-Stickerbuch" auch ein bestimmtes Österreich-Bild repräsentieren. Der zweite Punkt ist interessant, zeigt er doch, dass Geschlecht allein noch keine Qualifikation für politisches Bewusstsein ist.

Leserin Anna Krenn kritisiert, dass das Sticker-Buch ein "sexistisches Österreich-Bild" vermittelt. Dem schließen wir uns an. Nennenswert ist dieses Produkt aber eigentlich nur, weil es sich an eine besonders beeinflussbare Gruppe richtet, nämlich lernwillige kleine Kinder.

Gerade jene könnten davon profitieren, wenn die Leistungen von Frauen und im Übrigen auch von nicht autochthonen ÖsterreicherInnen spielerisch und selbstverständlich präsentiert würden, doch Billa will das nicht. Sie haben für die KundInnenschaft von morgen nur folgende "spannende Persönlichkeiten" im Angebot: Maria Theresia und Christina Stürmer. (dieStandard.at, 8.2.2012)