Das Wort "Erdbeerwoche" wird im norddeutschen Raum als Synonym für "Monatsblutung" verwendet. Bettina Steinbrugger und Annemarie Harant haben ihr Unternehmen danach benannt, das erste auf nachhaltige Monatshygiene spezialisierte im deutschsprachigen Raum.

Logo: Erdbeerwoche

Bettina Steinbrugger denkt weiter: "Wenn man bedenkt, dass eine Frau in ihrem Leben durchschnittlich rund 16.800 Binden oder Tampons verwendet, wird klar, welchen Einfluss Frauen weltweit durch den Kauf nachhaltiger Produkte auf Gesundheit und Umweltschutz nehmen könnten. Für uns ein wichtiger Grund, dafür zu sensibilisieren."

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Ökonomin Annemarie Harant bringt das betriebswirtschaftliche Know-how ein: "Nach jahrelanger intensiver Beschäftigung mit nachhaltigen Produkten wurde uns bewusst: Der Frauenhygienebereich wird in der Nachhaltigkeitsdebatte meist vollständig ausgeklammert. Daher fassten wir den Entschluss, die 'erdbeerwoche' zu gründen."

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Haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, wo Ihr Tampon oder Ihre Binde herkommt? Wie und woraus sie produziert wurden? Was die Inhaltsstoffe sind und wo sie nach Gebrauch landen? Die Unternehmerin Bettina Steinbrugger hat nachgedacht: Gemeinsam mit Geschäftspartnerin und Ökonomin Annemarie Harant gründete die Kärntnerin 2011 die "erdbeerwoche", das erste auf nachhaltige Monatshygiene spezialisierte Unternehmen im deutschsprachigen Raum.

"Obwohl wir beide seit Jahren im Bereich nachhaltige Entwicklung arbeiten, hatten auch wir uns bis vor zweieinhalb Jahre keine Gedanken über Frauenhygieneprodukte gemacht - bis wir auf eine britische Firma stießen, die diese nachhaltig herstellt", sagt Steinbrugger. "Wenn man bedenkt, dass eine Frau in ihrem Leben durchschnittlich rund 16.800 Binden oder Tampons verwendet, wird klar, welchen Einfluss Frauen weltweit durch den Kauf nachhaltiger Produkte auf Gesundheit und Umweltschutz nehmen könnten. Für uns ein wichtiger Grund, dafür zu sensibilisieren."

Biofair und ganz bewusst

In ihrem Onlineshop vertreiben die beiden Unternehmerinnen derzeit nachhaltig produzierte Tampons und Slipeinlagen aus Biobaumwolle von ihrer britischen Partnerfirma, wiederverwendbare Menstruationskappen und biofair produzierte Unterwäsche aus eigener Kollektion. Außerdem versuchen sie, durch Bewusstseinsarbeit - unter anderem in Schulprojekten - einen positiven Zugang zum Thema Monatshygiene zu schaffen: "Menstruation ist immer noch ein Tabu wie im Mittelalter. Frauen sollten das Thema nicht mehr als lästiges, unvermeidbares Übel sehen, sondern als wichtigen Teil ihres Frauseins, dazu möchten wir beitragen", beschreibt Steinbrugger die Unternehmensphilosophie.

Den Namen "erdbeerwoche" hätten sie bei Recherchen zu Synonymen für das Wort "Monatsblutung" entdeckt: "Das gefiel uns! Er symbolisiert die vielen, meist langweiligen, verschleiernden oder komischen Begriffe, die es für Menstruation gibt, und verleiht dem Thema einen humorvollen Touch mit positivem Nachgeschmack."

Bedenklich

Ein besonderes Anliegen ist den "erdbeerwoche"-Gründerinnen der Hinweis auf mögliche gesundheitliche Nachteile konventioneller Tampons und Binden: Herkömmliche Frauenhygieneprodukte bestehen meist aus gebleichter und gepresster Zellulose, teilweise umhüllt von einer Kunststoffschicht. Bei der Produktion kommen häufig gesundheitlich bedenkliche Chemikalien, von - teils chlorhaltigen - Bleichmitteln bis zu Dioxin und Formaldehyd oder Pestiziden bei der Baumwollherstellung zum Einsatz. Diese können Hautreizungen und Infektionen im Intimbereich auslösen und stehen auch im Verdacht, Krebs auszulösen.

Beim "Öko-Test" 2008 etwa wurden in 14 von 16 getesteten Tampon-Marken allergieauslösende Halogene nachgewiesen, die als Rückstände des Bleichprozesses gelten. "Gerade bei Tampons bleiben immer Zellulosefasern im Körper zurück, von denen man nicht sicher weiß, ob die verwendeten Chemikalien nicht auch Ursache für zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs sind", gibt Steinbrugger zu bedenken. Für Konsumentinnen sei es sehr schwer festzustellen, welche Stoffe in den Produkten enthalten sind, denn die Herstellerfirmen geben diese auf den Packungen nicht an. "Es gibt natürlich Qualitätsüberprüfungen, aber keine Gütesiegel wie bei nachhaltigen Produkten, die die Einhaltung bestimmter Produktionskriterien garantieren und an denen sich Konsumentinnen orientieren können", kritisiert Steinbrugger.

Den beiden Unternehmerinnen ist die Kontrolle der eigenen Zulieferfirmen deshalb ein Anliegen: "Alle Produkte, die wir vertreiben, tragen anerkannte Gütesiegel wie das GOTS (Global Organic Textile Standard, das derzeit ganzheitlichste Siegel im Biobaumwollbereich, Anm.), das Soil-Association-Logo oder das Fair-Trade-Logo bei unserer Unterwäsche. Außerdem haben wir intensiv über die Hersteller recherchiert und uns von ihnen im Vorfeld die entsprechenden Zertifikate übermitteln lassen."

Rare Alternativen

Alternativen zu herkömmlichen Produkten aus zertifizierter Biobaumwolle und anderen umweltfreundlichen Materialien gibt es in Österreich derzeit neben der "erdbeerwoche" nur in ausgewählten Reformhäusern zu kaufen. Der höhere Preis könnte mit ein Grund sein, warum sich entsprechende Produkte trotz steigender Nachfrage noch nicht auf dem breiten Markt durchgesetzt haben, meint Steinbrugger: So kostet eine 20-Stück-Packung Bio-Tampons bei der "erdbeerwoche" 4,50 Euro, 22 Stück Slipeinlagen 4,20 Euro. "Eine von uns gestartete Umfrage hat aber ergeben, dass viele Konsumentinnen bereit wären, für gesundheitlich unbedenkliche Produkte auch mehr zu zahlen."

Für Binden sei es derzeit noch wesentlich schwieriger, ein preislich attraktives Produkt zu finden, das gleichzeitig alle Nachhaltigkeits- und Qualitätskriterien erfüllt: "Eine rein aus Biobaumwolle bestehende Binde ist wesentlich teurer als eine normale, weil hier viel mehr Stoff benötigt wird, während sich der Preisunterschied bei den Tampons in Grenzen hält."

Auch wiederverwendbare Produkte wie Stoffbinden und Menstruationskappen seien eine - kostengünstige - Alternative, wenn auch nicht jederfraus Geschmack: "Sie begleitet das Image von 'Da sind wir doch drüber hinweg'." Wiederverwendbare Produkte hätten nichts Grausliches an sich, "es geht ja dabei nur um das eigene Blut", aber: "Werbung und Textilindustrie vermitteln uns das Bild: 'Nur strahlend weiß ist hygienisch rein', darum kommen konventionelle, gebleichte Produkte in den Köpfen besser an."

Marktmacht

Frauen hätten durch die zahlreichen Produkte, die sie jedes Monat für ihre Periode einkaufen, jedenfalls eine große wirtschaftliche Macht und ein enormes konsumtechnisches Potenzial, das es ihnen ermöglichen würde, gesundheits- und umweltfreundliche Alternativen auf dem Markt durchzusetzen, ist Steinbrugger überzeugt: "Weltweit verbrauchen Frauen rund 45 Milliarden Tampons oder Binden pro Jahr. Es mussten schon viele Produzenten ihre Produkte verändern und umdenken, weil es eine breite Konsumentenschicht so verlangte - das würde auch bei Frauenhygieneprodukten sehr gut funktionieren." (Isabella Lechner, dieStandard.at, 19.2.2012)