Der Club 2 am Mittwoch.

Foto: Screenschot

Der "Club 2" am Mittwoch hatte den österreichischen Song-Contest-Beitrag "Woki mit deim Popo" zum Thema. Moderatorin Corinna Milborn suchte mit ihren Gästen nach Antworten auf Fragen wie "Womit kann überhaupt noch Aufmerksamkeit erregt werden?" und "Wie sinnvoll ist es, diese Aufmerksamkeit über Sexismus und Fremdschämen zu erreichen?". Im Gegensatz dazu hätte die an diesem Abend alles durchdringende Frage sehr schnell beantwortet werden können: Ist "Woki mit deim Popo" sexistisch? 

Natürlich, stand für die Iris Schwarzenbacher von der Österreichischen HochschülerInnenschaft und die Journalistin und Autorin Angelika Hager fest. Doch für Moderator und Schauspieler Alfons Haider, Musikproduzenten Markus Spiegel, Grünen-Politiker und Song-Contest-Fan Marco Schreuder und den "Woki mit deim Popo"-Macher Lukas Plöchl war das weniger klar. Schreuder könne die Kritik zwar verstehen, klar von "Sexismus" wollte er aber nicht sprechen. Markus Spiegel klammerte die Frage schlicht aus und beschäftigte sich damit, ob und was in der Musikindustrie funktioniert. Und Haider fand das alles "sehr gut gemacht" und konnte nichts Frauenfeindliches entdecken.

Freie Interpretation

Ratlos über den Sexismus-Vorwurf zeigte sich auch Plöchl selbst. Er wackelte mal kurz mit dem Hintern vor der Kamera herum und meinte, das sei ein Männerhintern und kein Frauenhintern, da müsse er sich jetzt ja schon selbst hassen, wenn das sexistisch sein solle, er wackle jetzt schließlich auch mit dem Popo. So weit, so unlogisch.

Dass über die Frage sexistisch oder nicht in der Runde eine solche Uneinigkeit herrschte, ist eigentlich erstaunlich: Schließlich wird die Nummer mit Hintern-wackelnden Tänzerinnen performt, ihre Körper sind auf die "wesentlichen Linien", Brüste, Hintern und Taille reduziert, sie tanzen an Pole-Dance-Stangen und werden von Plöchl und Band-Kollege Manuel Hoffelner aufgerufen, ihre Hintern in Bewegung zu setzen.

Sexismus? Ja, klar. Es gibt in "Woki mit deim Popo" eine klare Rollenverteilung, die sich auf das Geschlecht beruft. Frauen sind in der Rollenverteilung passiv und werden objektiviert, Männer treiben sie zu einer Handlung an, die sie von ihnen sehen wollen. Das ist sexistisch. Punkt.

Es gibt klare Kriterien für Sexismus, und dennoch wird der Begriff immer wieder für freie Interpretation in Runden geworfen, in denen ein guter Teil schlichtweg keine Ahnung hat. Insbesondere Haider und Plöchl interessierten sich bisher offenbar nicht dafür - müssen sie auch nicht. Doch ihren kruden Erfindungen, was das wohl sein könnte, müssten nicht gar so viel Platz bekommen. Dann wäre - auch in anderen Feldern wie etwa der Werbung - endlich Zeit für andere Fragen, die auch alles andere als uninteressant sind: Fühlen wir uns durch solchen Sexismus belästigt? Warum stören sich manche daran, manche gar nicht? Kann ich die Konsequenzen sehen, die er für Frauen wie auch Männer hat?

Selbst wenn man sich auf das Offensichtliche geeinigt hätte, wäre die Diskussion noch lange nicht erledigt gewesen. Ob ein Beitrag wie dieser zum Song Contest geschickt werden soll oder nicht? Ob der Song Contest insgesamt auch eine politische Veranstaltung ist? Fragen, die im "Club 2" zu Recht diskutiert und abgewägt wurden. Doch bitte sparen wir uns die Zeit, die eine unnötige und falsche Interpretation oder Verleugnung von Sexismus einnimmt. Sexistisch oder nicht? Diese Frage stellt sich bei "Woki mit deim Popo" beim besten Willen nicht. (beaha, dieStandard.at, 1.3.2012)