Wien - Seit genau einem Jahr ist das neue Gleichbehandlungsgesetz in Kraft und damit auch die verpflichtende Angabe des Mindestgehalts in Stellenanzeigen - eine Maßnahme für mehr Einkommenstransparenz. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft hat im Februar über 4.000 Inserate untersucht, wobei sich herausstellte, dass rund 40 Prozent davon diskriminierend waren. Gravierende Verstöße werden nun mit Anzeigen geahndet, kündigte Gleichbehandlungsanwältin Ingrid Nikolay-Leitner an.

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft untersuchte an zwei Februar-Wochenenden 4.376 Stellenanzeigen aus insgesamt elf bundesweiten und regionalen Zeitungen. In 19,8 Prozent oder 866 Inseraten fehlte dabei die verpflichtende Entgelt-Information. 6,6 Prozent oder 291 Inserate enthielten diskriminierende Formulierungen und die Gehaltsinformation fehlte. 13,6 Prozent oder 598 Inserate gaben zwar das Mindestgehalt an, waren dafür aber diskriminierend formuliert. Insgesamt wurden also in 1.755 Jobinseraten Verstöße (40,1 Prozent) verzeichnet.

Was die diskriminierenden Formulierungen betrifft, finden sich am häufigsten Geschlechterdiskriminierungen, gefolgt von der Altersdiskriminierung und der ethnischen Zugehörigkeit. Oft wurde im Titel des Inserats zwar die korrekte, geschlechtsneutrale Bezeichnung verwendet, im Fließtext jedoch nur noch die männliche Form - ein "klarer Verstoß", so die Gleichbehandlungsanwältin.

Ignoranter Kern wird angezeigt

Aufgefallen ist bei der Untersuchung die Verwendung der Bezeichnung (m/w) neben dem Jobtitel. "Das schauen wir uns noch an und wollen wir diskutieren", meinte Nikolay-Leitner. Sie persönlich hält die Verwendung eines Unterstrichs - etwa "Leiter_in" - für eine "interessante Version", also besser als das Binnen-I, das den Lesefluss störe, oder den Schrägstrich, bspw. "Leiter/in".

"Zusammenfassend lässt sich sagen, die Verpflichtung zur Entgelt-Information hat sich überraschend schnell durchgesetzt. Das funktioniert sehr gut. Jene rund 20 Prozent, die es noch nicht machen sind doch weniger als wir erwartet haben", so Nikolay-Leitner. Es sei allerdings "verblüffend", dass so viele "Probleme" mit einer geschlechtergerechten Formulierung hätten. Der "harte Kern" von 6,6 Prozent, der die Vorschriften einfach ignoriere, werde nun bei den Bezirksverwaltungsbehörden angezeigt. Nach einer Verwarnung droht eine Verwaltungsstrafe von bis zu 360 Euro. Auch werden Infoschreiben verschickt.

Untersucht wurden von der Gleichbehandlungsanwaltschaft auch 5.992 Wohnungsinserate. Davon waren nur 3,04 Prozent (182) gesetzeswidrig. Diskriminierend sind hier etwa die Angaben "keine Kinder", "keine Ausländer", "nur für Einheimische/Inländer" oder "berufstätiges Inländerpaar". Wird hingegen für eine Wohnungsgemeinschaft ausschließlich eine Frau oder ausschließlich ein Mann gesucht, ist das laut Gleichbehandlungsgesetz in Ordnung. Auch im Fall der Wohnungsinserate werden die gravierenden Fälle angezeigt. (APA)