Wien - LEFÖ - IBF, die Wiener Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel, übten massive Kritik an einem ihrer Auffassung nach zu mildem Urteil gegen sechs Angeklagte, die sich in den vergangenen Wochen wegen Prostitutionshandels, Zuhälterei und organisierter Kriminalität vor einem Schöffensenat des Landesgerichts Wien verantworten mussten. Ihnen war vorgeworfen worden, 31 Bulgarinnen zur Prostitution gezwungen zu haben. Fünf Angeklagte wurden zu teilbedingten Haftstrafen verurteilt, bei zwei von ihnen ist diese Strafe durch die U-Haft verbüßt.

Die drei Männer und drei Frauen waren im Rahmen der Operation "Montana" gefasst worden. Die TäterInnen hatten Frauen aus der armen bulgarischen Region Montana nach Österreich gelotst und auf den Strich geschickt. Um den Widerstand der Opfer zu brechen, wendeten die Täter brutalste Methoden an. Die ErmittlerInnen bekamen von Kopf bis Fuß blaugeschlagene Frauen zu sehen. Die Frauen hätten "irrsinnig große Angst", sagte eine Kriminalbeamtin im November bei einer Pressekonferenz im Innenministerium.

Applaus für mildes Urteil

Laut LEFÖ wurde nur ein Beschuldigter zur einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt, und zwar als Wiederholungstäter zu vier Jahren. "Die Angeklagten hatten mit Strafen im Rahmen von fünf Monaten bis zehn Jahren zu rechnen. Sie applaudierten im Gerichtssaal, als die Richterin das milde (rechtskräftige, Anm.) Urteil verkündete", heiß es am Donnerstag in einer Aussendung von LEFÖ.

"Das Urteil ist durch seine Milde sehr überraschend", wurde Opfer-Anwältin Elisabeth Vlasaty in der Aussendung zitiert. Vor allem, dass die Strafen bedingt verhängt wurden, sei nicht begreiflich, da unter den Opfern auch eine intellektuell eingeschränkte Frau und eine Minderjährige seien. Der Ausgang des Verfahrens sei umso unverständlicher, als die Polizei überaus sorgfältig ermittelt und hieb- und stichfeste Beweise vorgelegt habe.

"Frauenhandel wird mit diesem Urteil verharmlost, als Kavaliersdelikt behandelt", meinte Evelyn Probst, Leiterin der Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels in Wien. "Ich befürchte, dass solche Urteile andere Frauenhändler ermutigt und Opfern vorführt, dass ihre Aussagen wertlos sind." Fünf Opfer seien die für ihre Aussage im Prozess extra nach Österreich gekommen. (APA, 22.3.2012)