Berlin - Wegen der fehlenden gesetzlichen Frauenquote drohen deutschen Unternehmen laut einem Pressebericht Wettbewerbsnachteile im europäischen Ausland. Zum Beispiel könnten deutsche Firmen bald nicht mehr an Ausschreibungen in Spanien oder Frankreich teilnehmen, da sie nicht die Voraussetzungen der dort geltenden Quotengesetze erfüllten, zitierte die "Rheinische Post" am Samstag aus einer Analyse des Auswärtigen Amts.

40 Prozent Frauen bis 2015

"Wenn sich ein deutsches Unternehmen für eine öffentliche Ausschreibung in Spanien bewerben will, dann hat das nur Aussicht auf Erfolg, wenn es die spanische Frauenquote erfüllt", sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding der Zeitung. Die Quote liegt bei 40 Prozent bis 2015.

Schröder gegen Brüssel-Diktat

Reding will bis zum Sommer konkrete Vorschläge für europaweite Frauenquoten in Chefetagen vorlegen. "Ich werde alles dafür tun, dass die Quote für Aufsichtsräte kommt", sagte Reding in einem "Spiegel"-Streitgespräch mit Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU). Bis zum Jahr 2020 wolle sie 40 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen. Schröder wies laut "Spiegel" die "Belehrungen aus Brüssel" zurück. "Die Bundesregierung ist der Meinung, dass Brüssel uns keine Quote vorschreiben kann."

Chefinnen der Grünen und Frauen-Union drängen

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast forderte das Auswärtige Amt auf, die nicht-öffentliche Analyse seiner Europa-Abteilung umgehend dem Bundestag zuzuleiten. Die Bundesregierung verweigere den Frauen die Gleichberechtigung und riskiere, dass Unternehmen Aufträge nicht erhalten. "Wenn der FDP schon die Chancen der Frauen egal sind, sollte sie jetzt wenigstens angesichts der wirtschaftlichen Nachteile aufwachen", erklärte Künast am Sonntag in Berlin.

Auch die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer (CDU), reagierte alarmiert. "Wir brauchen jetzt eine gesetzliche Regelung für mehr Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft", sagte sie der "Rheinischen Post".

Selbst CDU-Männer für Quote

Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" wächst innerhalb der Union der Druck zur Einführung einer gesetzlichen Quote. "Die Quote in Führungspositionen ist nicht nur ein Frauenthema. Auch Männer in der Union sind für die Quote", sagte der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz der Zeitung. Die Fraktion müsse sich mit dem Thema befassen und ein Meinungsbild erstellen.

Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak plädierte für einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag zur Quote, wenn sich im Laufe dieses Jahres kein Ergebnis abzeichne. "Wir haben zehn Jahre auf Freiwilligkeit gesetzt. Das hat fast nichts gebracht", sagte Luczak der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

FDP gegen Fixquote

In der Regierungskoalition ist eine Frauenquote umstritten. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist dafür, Familienministerin Schröder lehnt eine gesetzliche Quote bisher ab und setzt auf die "Flexiquote", wonach sich börsennotierte Unternehmen selbst eine Frauenquote verordnen sollen. Die FDP-Spitze ist grundsätzlich gegen eine starre Frauenquote. (APA, 26.3.2012)