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Ein spanischer und ein schwedischer Veranstalter haben die Auftritte des auf Europatournee befindlichen Reggae-Musikers bereits abgesagt. Im Wiener Reigen aber heißt es Bühne frei für Sizzla.

Foto: AP/Brad Barket

Am Montagabend stand ein kontroverser Musiker auf der Bühne der Reigen in Wien: Sizzla Kalonji. Der jamaikanische Reggae-Musiker und Rastafari ist durch "Battyman-Tunes", in denen explizit zu Gewalt gegen sexuelle Minderheiten, vor allem gegen schwule Männer, aufgerufen wird, bekannt. Texte wie "Erschießt Perverse, meine große Pistole macht 'bumm'" sowie der Besitz illegaler Waffen führten zu einem Einreiseverbot in den Schengen-Raum, das bis 2008 aufrecht war. Das hinderte ihn jedoch nicht, im selben Jahr in Wien aufzutreten. Sein bislang letztes Konzert gab Sizzla 2010 im Rahmen des "Sunsplash reloaded" in Wiesen.

Versprochen: Keine homophobe Texte

Die aktuelle Einladung in den Wiener Reigen begleitete eine breitere Debatte, die der Sprecher der Grünen Andersrum Marco Schreuder losgetreten hatte. Bereits Anfang März forderte er in einem offenen Brief eine Stellungnahme der Veranstalter Reigen und BunFireSquad, die sich daraufhin von "jeglichen menschenverachtenden Texten" distanzierten und dafür sorgen wollten, "dass auf unseren Veranstaltungen dies auch von den eingeladenen Künstlern streng eingehalten wird." In der Stellungnahme heißt es weiter, mit Sizzla und seinem Management wude vertraglich festgelegt, dass er keine homophoben Texte zum Besten geben werde. Auch eine Songliste für den Auftritt am Montag wurde veröffentlicht und betont, dass Sizzla 2007 - gemeinsam mit anderen Vertretern der jamaikanischen Reggae- und Dancehall-Szene wie Buju Banton - den Reggae Compassionate Act unterschrieben habe. Darin verpflichten sich die Musiker selbst zu Friedfertigkeit, "One Love", Gleichberechtigung und Toleranz.

Bei Hass-Songs keine Gage

Schreuder reichte das nicht: "Auf der Bühne 'Schießt dem Juden in den Kopf' zu singen ist undenkbar, aber bei Lesben und Schwulen geht das anscheinend", kritisiert er gegenüber dieStandard.at. Den Auftritt konnte er ebenso wenig wie der Grüne Kultursprecher Klaus-Werner Lobo, SP Wien-Frauensekretärin Nicole Berger-Krotsch oder SoHo-Chef Peter Traschkowitsch - die sich vor einigen Tagen allesamt für ein Auftrittsverbot ausgesprochen haben - verhindern, aber zumindest erfolgreich eine Passage in den Vertrag mit Sizzla hineinreklamieren: Der Künstler erhält keine Gage, sollte er sich nicht an die Vereinbarung, keine homophoben Texte zu singen, halten. Nach dem Konzert zeigten sich die KritikerInnen zufrieden: Sizzla hielt sich an die vereinbarte Songliste, insgesamt herrschte laut ORF-Bericht eine friedliche Stimmung im Reigen.

Nicht beim Wort nehmen

Dass Hass-Songs weiterhin, trotz Unterzeichnung des Reggae Compassionate Acts - die er bei Gelegenheit auch schon bestritten hat - zu Sizzlas Repertoire gehören, hat der Musiker erst am 18. März bei einem Konzert in New Kingston bewiesen. "Männer in engen Hosen, mit rasierten Augenbrauen und jene, die ihre Hosen unter der Hüfte tragen" verbrenne man am besten, geht aus einem Bericht der jamaikanischen Zeitung "The Gleaner" hervor. Einen speziellen Dank schickte er demnach auch an Buju Banton, dessen Hass-Song "Boom Bye Bye" er für ein Mash-Up benutzte.

Aber, vernimmt mensch aus einem "offiziellen Statement" Sizzlas zur aktuellen Diskussion: Texte wie diese seien metaphorisch zu verstehen. Begriffe wie "burn" oder "kill", wie sie Sizzla in Zusammenhang mit Homosexuellen setzt, seien kein Aufruf zu Gewalt gegen Schwule und Lesben. Diese Beschwichtigungen wenden die Lage der sexuellen Minderheiten auf Jamaica sicherlich nicht zu Besseren: Mitunter tödliche Gewalt und "korrigierende" Vergewaltigungen sind laut Berichten von HomosexuellenrechtlerInnen keine Seltenheit. Die Rechtslage stützt die gesellschaftliche Homophobie zudem ganz offiziell: Auf schwulen Sex stehen bis zu zehn Jahre Haft. (red, dieStandard.at, 26.3.2012)