Salzburg - An den Salzburger Landeskliniken (SALK) gab es im vergangenen Jahr 80 Verletzungsanzeigen, bei denen familiäre Gewalt im Spiel war. "Das sind die Zahlen laut Statistik. Gefühlt dürften es aber mindestens doppelt so viele Fälle sein", sagte die Pflegedirektorin der SALK, Margarete Hader, am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Die Klinik stellte dabei ein Fortbildungsprojekt für die MitarbeiterInnen vor, um Opfern von häuslicher Gewalt wirksam helfen zu können.

Möglichkeiten der Hilfestellung

Gemeinsam mit dem Gewaltschutzzentrum Salzburg wurde ein Programm erarbeitet, das es erleichtern soll, Gewalt im sozialen Nahraum zu erkennen, anzusprechen und den Opfern Hilfe anzubieten. Die TeilnehmerInnen lernen Hintergründe und gesundheitliche Folgen familiärer Gewalt, Gesprächsführung, Dokumentation, täterbezogene Intervention und Kooperation mit der Polizei. "Wir haben bisher instinktiv gehandelt", erzählte der Assistenzarzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Simon Enzinger, einer der TeilnehmerInnen des ersten Kurses. Nun wisse er, was zu tun sei und welche Möglichkeiten der Hilfestellung es gebe. Das Gewaltschutzzentrum hält darüber hinaus einmal wöchentlich Sprechstunden im Spital für Opfer ab.

Schweigen

Jede vierte bis fünfte Frau erlebe mindestens einmal im Leben häusliche Gewalt, berichtete Heike Rainer vom Gewaltschutzzentrum Salzburg. Doch aus Angst, Scham, Schuldgefühlen oder aus Sorge um die Kinder oder die eigene Existenz würde das Leid oft jahrelang verschwiegen, beobachtet die Psychologin Gabriele Maierhofer, eine der Initiatorinnen der Fortbildung. 

Auf erlebte Gewalt ansprechen

Fast alle Opfer häuslicher Gewalt würden irgendwann das Gesundheitssystem in Anspruch nehmen, um Verletzungen zu versorgen oder bei gesundheitlichen Problemen oder chronischen Symptomen Hilfe zu suchen. Hier soll die Hilfe ansetzen. Deshalb sei es wichtig, dass das Personal im Krankenhaus entsprechend geschult sei und bei Verdacht gezielt handle, sagte Maierhofer.

Manchmal geht es nur darum, eine Möglichkeit zu schaffen, allein mit dem Opfer zu reden. Eine Schweizer Studie hat nämlich ergeben, dass sich 90 Prozent der Opfer wünschen, aktiv auf erlebte Gewalt angesprochen zu werden. (APA, 28.3.2012)