Blau: Männer; Rot: Frauen; Gelb: Institutionen; Grau: unbekannt; (Stichprobe: Vier Wochen zwischen Oktober 2011 und Jänner 2012)

Foto: lizenz: cc-by-sa (julian ausserhofer, axel maireder, axel kittenberger, 2012)

Die Autoren der sogenannten Twitter-Politikstudie zeigen in ihrer Studie auf, wer mit wem und worüber auf Twitter kommuniziert. Insgesamt nutzen 75.000 ÖsterreicherInnen Twitter - im Vergleich zu Facebook ein kleines, elitäres und einflussreiches Netzwerk. Die NutzerInnen sind zu 80 Prozent Männer. Gezwitschert wird in erster Linie von ExpertInnen, JournalistInnen, PolitikerInnen und Organisationen.

Der Erfolg bei Twitter, von möglichst vielen NutzerInnen gelesen, retweetet oder erwähnt zu werden, hängt nicht nur vom Gesagten ab, sondern auch vom Bekanntheitsgrad im realen Dasein der jeweiligen NutzerInnen. Unter den sogenannten ExpertInnen ist vor allem @HubertSickinger, Politikwissenschaftler, der sich auf Parteifinanzierung spezialisiert hat, beliebt. Der am häufigsten verfolgte Journalist ist @arminwolf, Moderator der "ZiB 2". In den von den Wissenschaftlern erstellten Netzwerkwolken fällt vor allem die nach Geschlecht gesplittete auf: Frauen sind nicht nur massiv unterrepräsentiert, sondern befinden sich in den Netzwerken auch an der Peripherie, außerdem gibt es kaum nennenswerte Frauennetzwerke im Vergleich zu jenen der Männer.

Keine neuen Erkenntnisse

Der dichte Netzwerk-Kern ergibt eine blaue (männliche) Blase, während sich Frauen am Rande befinden. Einzig die Journalistin @corinnamilborn befindet sich im Vergleich zu anderen Frauen relativ zentral in der Wolke. @isabelledaniel kommt als zweite zentrale Journalistin vor, befindet sich aber an der Wolken-Peripherie. Interessanterweise wird die ORF-Diskussionsleiterin @ingridthurnher von auffällig vielen gefolgt, sie zwitschert aber kaum und ist damit in der grafischen Darstellung nicht aufzufinden. Die Überproportionalität der Männer und die gleichzeitige Randstellung der Frauen sind in der Web-2.0-Diskussion aber nicht neu: Politik- und Technikblogs, Wikipedia und andere Kanäle werden hauptsächlich von Männern bedient.

Déjà-vu

Die Gründe für die wenigen Frauen auf Twitter sind vermutlich so unterschiedlich, wie die Lebensrealitäten der Frauen different sind. Plakativer für gesellschaftliche Machtverhältnisse im Real Life könnte diese Twitter-Studie jedoch kaum sein. Die Studienautoren erklären diese Tatsache zum einen mit dem starken Sendungsbewusstsein der Männer, zum anderen führen sie dies auf gesellschaftliche Machtstrukturen zurück. Und wie recht sie haben: Hier wie dort schaffen sich die Männer ihre Netzwerke, sind mehr oder weniger öffentlich aktiv und nehmen einen weiteren Raum für sich ein. Diese virtuellen Netzwerke erklären dann auch, warum permanent die gleichen Experten - etwa Hubert Sickinger im "ZiB 2"-Studio - Rede und Antwort stehen. Elitär, verhabert und einflussreich sind sie allemal, die Netzwerke der Herren. (eks, dieStandard.at, 30.3.2012)