Der Gender Pay Gap hat es auf das "Profil"-Cover geschafft. Nicht, weil es auch anno 2012 noch immer eine Schere zwischen Männer- und Frauengehältern gibt. Damit leben "wir" doch gut. Sondern weil die Öffentlichkeit das Recht hat, die Wahrheit über die in der Aufdeckergeschichte auseinandergenommene "Gender-Pay-Gap-Folklore" zu erfahren.

Wo die Journalisten ja Recht haben. Der Zeitgeist nickt ihnen aufmunternd zu, denn die FeministInnen und FrauenpolitikerInnen schießen doch längst übers Ziel hinaus. Sie schummeln und lügen, um ihren -ismus durchzusetzen, auf Kosten der Männer, klar. Eine stellvertretende Verschwörerin zwinkert illustrativ wie keck vom Cover.

Auch sie weiß es, und kann ihre diebische Freude darüber nicht verbergen: Klientelpolitik der übelsten Art, wenn mit 25 Prozent Pay Gap aufgefahren wird! Was sind dagegen die zwölf Prozent Gehaltsunterschiede, die bereinigt zu Lasten der Frauen doch noch übrig bleiben? Peanuts und nur insofern der Rede wert, als dass sie mit "annähernd" und "nahezu" kleingeschrieben werden müssen. Ganz verschwinden lassen konnten die Autoren die Schere nicht, weil es sie halt gibt. In jeder Untersuchung, egal, was wie berechnet und berücksichtigt wird, seit Jahren.

Verpackt wird die wirklich nicht neue Erkenntnis um die unterschiedlichen Statistiken zu Einkommensunterschieden in einer Polemik, die einem Bericht nicht angemessen ist, aber zum Rest der aktuellen Ausgabe passt: Neben dieser Reportage lesen wir auch einen Beitrag über die Irrelevanz des Faktors Geschlecht und eine ermüdende Raunzerei über die "Feinstaubfrauen", die ein "widerlicher Menschenschlag" sind.

Der Duktus der Titelgeschichte kommt auch nicht besser daher: "Ewiges Opfer Frau" und "Apologetinnen des Mythos" "klagen" ihre "Realitätsverweigerung". Was für Jammerliesen, hört man Maskulisten geradezu einflüstern.

Was bezweckt das "Profil" mit einer Skandalisierung von schon bekannten, unaufgeregten Fakten? Heißer Scheiß verkauft sich besser, es geht eben ums Geld. Und da Männer mehr davon haben, ist es nur schlau, sie anzusprechen, und wenn's über eine antifeministische Agenda funktioniert, auch Recht. Damit liegt man im Trend und auf der sicheren Seite. Ebenso sicher ist: Es gibt am bescheidenen österreichischen Zeitungsmarkt ein Männermagazin mehr. (bto, dieStandard.at, 2.4.2012)