In der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Profil" wird mit der Coverstory "Löhne: die Wahrheit über die Ungleichheit" die Lohnschere zwischen Männern und Frauen in Frage gestellt (dieStandard.at kommentierte). Das Frauennetzwerk Medien hat nun einen offenen Brief verfasst, in dem sie auf die in der Story gemachten Behauptungen reagieren. Im folgenden der offene Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Dr. Rainer, sehr geehrte Herren Bauer und Treichler!

So listig sich die Autoren von "Mit List und Lücke" bemühen, die "bereinigte" Lohnlücke klein zu schreiben, so ist doch festzuhalten:

- 12 bis 18 Prozent Einkommensunterschied sind in Österreich - man kann es drehen und wenden, wie man will - nicht "ähnlich viel", sondern eine zweistellige Differenz, die Frauen 14 Mal im Jahr zu spüren bekommen. Das bedeutet bei einem Durchschnittseinkommen von rund 2.000 Euro im Monat immerhin 4.200 Euro jedes Jahr weniger. Bei Ihren Einkommenskategorien, meine Herren, beträgt der Gender Gap im Jahr bereits den Wert eines Kleinwagens. Würden Sie, die Sie diese Differenz als "Mythos" bezeichnen, auf so viel Geld verzichten: nur auf Grund Ihres Geschlechts?

- Die als Beleg hier mehrfach zitierten Einkommensberichte von 180 (Groß-)Betrieben beziehen sich in Wirklichkeit auf einen kleinen Ausschnitt der österreichischen Unternehmen. In ihnen arbeitet maximal ein Drittel der Beschäftigten.

- Sie zitierten elf Betriebsratsvorsitzende und Personalchefs, darunter zwei Frauen. Unsere Befragung von Betriebsrätinnen ergab, dass in ein und derselben Gehaltsgruppe Männer und Frauen gleiche Grundgehälter haben, jedoch wesentlich mehr Männer Mehrdienstpauschalen erhalten, die dann auch noch signifikant höher sind als die der Frauen.

Mit vollen Hosen ist leicht stinken. Wenn man ohnehin mehr hat, ist es billig, sich auf Kosten derer zu produzieren, die nach wie vor benachteiligt sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Karin Strobl, Vorsitzende, für das Frauennetzwerk Medien