Margit Hauft war bis vor kurzem Leiterin der Katholischen Frauenbewegung Österreichs.

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Olivera Stajic ist Leiterin von daStandard.at.

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Die katholische Kirche und Feminismus - geht sich das aus?

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+++Pro

Kirche ist für mich Heimat, wenn auch immer wieder eine brüchige. Und wie alle religiösen Feministinnen muss ich mich immer nach mehreren Seiten abgrenzen: gegen die Vereinnahmung religiöser Traditionen durch die "machthabenden" Männer einerseits und gegen die Gleichsetzung von Religiosität mit Frauenfeindlichkeit und Rückständigkeit andererseits. Ich bin aber davon überzeugt, dass Religion für ein gutes menschliches Zusammenleben auch in Zukunft wichtig sein wird. 

Was mich, trotz allem, in der Kirche hält, ist immer wieder die stärkende Gemeinschaft, besonders auch unter uns Frauen. Die Möglichkeit, mit anderen die wesentlichen Fragen des Lebens zu diskutieren, aber auch Wege zu suchen, wie ein gutes Leben für alle erreicht werden könnte.

Ich halte Feminismus und Katholizismus nicht deswegen für vereinbar, weil es keine Probleme gibt, sondern obwohl gerade die Strukturprobleme der Kirche unübersehbar sind. Die Augen davor zuzumachen, dass wir in der Frage weiblicher Berufung zum Weiheamt bestenfalls auf der Stelle treten, ja sogar schon weiter waren, dass geschiedene Wiederverheiratete sich Gleichbehandlung nur wünschen dürfen und die Verknüpfung einer zölibatären Lebensweise mit dem Priestertum unumstößlich scheint, wäre für mich keine Lösung.

Es ist aber genauso wichtig, die biblische Botschaft von der Gleichwertigkeit von Mann und Frau, wie wir sie schon in der Schöpfungsgeschichte finden, zu sehen und immer wieder zu betonen. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass das Auftreten von uns Frauen mehr bewirken kann als das Austreten, dass wir als wache, kritische Frauen immer wieder "geballt" spürbar werden müssen, dass es keinem gelingen darf, uns auseinanderzudividieren, nach welchen Kriterien auch immer, und Allianzen mit anderen Reformwilligen mehr gefragt sind denn je.

Mein Lieblingssatz in den Leitlinien der Katholischen Frauenbewegung (kfb) heißt: "Die kfb ist eine Gemeinschaft von Frauen, die einander auf dem je eigenen Weg begleiten und unterstützen." Genau dieser "je eigene Weg", also auch der feministische, ist gefragt und möglich, auch und gerade in der katholische Kirche unserer Zeit.

Margit Hauft

Contra---

Die katholische Kirche ist eine durch und durch patriarchale Institution, die sich auf einen Schöpfungsmythos beruft, der Mann und Frau vom Anfang an als ungleich, bzw. die Frau dem Mann unterlegen und untertan sieht. Die (katholische) feministische Theologie spricht gerne vom "patriarchal deformierten Christentum" und pocht auf emanzipatorische Stellen in der Bibel und redet gerne von der sogenannten ersten Schöpfungsgeschichte, in der die erste Frau nicht aus Adams Rippe sondern gleichzeitig und "gleichwertig" geschaffen wurde. Doch diese Erzählung blieb in der Bibel und in der christlichen Tradition bestenfalls eine Randnotiz. 

Katholische oder eben (christlich) gläubige Feministinnen können das Christentum nicht von seinem patriarchalen Rahmen befreien, weil es sich dabei nicht bloß um eine Staubschicht handelt, die sich durch die Jahrhunderte männerdominierter Auslegung auf die Heilige Schrift gelegt hat, sondern um die Fundamente der christlichen Lehre. In den 2000 Jahren der Kirchengeschichte hat sich daran wenig geändert. Die (Macht)Strukturen innerhalb der Institution haben sich um keinen Deut zu Gunsten den Frauen verschoben oder sich den Lebensbedingungen von Frauen und Männern angepasst. 

Die Machtpositionen, die die Männer seit der Begründung der Kirche besetzt haben, werden von den feministisch engagierten Katholikinnen nicht konsequent in Frage gestellt. Die Debatte um das Weiheamt ist symptomatisch: Sie mutet an wie ein verzweifeltes Heischen um Aufmerksamkeit in einem Männerverein, den die Frauen zwar nicht konsequent in Frage stellen, aber auch nicht verlassen wollen. 

Ihre konstruktive Kritik, mit der sie die Kirche von Innen verändern wollen, stößt immer wieder an Grenzen und erschöpft sich schlussendlich im Pochen auf "Mitgestaltung". Auch in der Welt außerhalb der Kirchenstruktur hat der katholische Feminismus für (junge) Frauen von heute wenig zu bieten: Das emanzipatorische Potential der christlichen Lehre ist längst erschöpft.

Olivera Stajić

(dieStandard.at, 4.4.2012)