Wien - "JedeR Dritte verdient weniger als ihm zusteht", betonte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Wolfgang Katzian, am Montag in einer Pressekonferenz. Frauen seien in der Arbeitswelt besonders benachteiligt. Bei gleicher Qualifikation verdienten sie großteils immer noch weitaus weniger als Männer. Zum Teil seien sie nicht ausreichend über ihre Rechte informiert, zum Teil scheuten sie die Konfrontation mit den ArbeitgeberInnen.

Beträchtliche Einkommensunterschiede würden oft gleich beim Jobeinstieg zementiert - mit falschen Gehaltseinstufungen. Die Gewerkschaft setzt jetzt auf Information. Denn Vordienstzeiten müssten bei der Einstufung ebenso berücksichtigt werden wie Ausbildungs- und Karenzzeiten. Bei rund vier von zehn Befragten seien frühere Dienstzeiten am Beginn des Dienstverhältnisses nicht berücksichtigt worden. Bei jedem Zweiten fanden einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes IFES zufolge Ausbildungs- und Karenzzeiten keine Beachtung.

"Kultur des Wegschauens aufbrechen"

"Evident ist, dass es eine Benachteiligung gibt - ein Drittel kommt aus der Karenz, ein Drittel aus falschen Einstufungen, ein Drittel aus sonstigen Benachteiligungen", sagte die Bundes-Frauenvorsitzende der Angestelltengewerkschaft, Ilse Fetik. Korrekte Einstufungen, Gehaltsangaben bei Inseraten und Gehaltsrechner seien wichtig, "damit wir die Kultur des Wegschauens aufbrechen können".

In Unternehmen, in denen es eine Betriebsrätin/einen Betriebsrat gibt, ist die Situation laut Leiterin der Bundesrechtsabteilung der GPA-djp, Andrea Komar, besser. "Ein Betriebsrat hat mit seinen Informations-, Beratungs- und Interventionsrechten ganz andere Möglichkeiten", so die Juristin. Er könne auch insbesondere in Bezug auf die Vordienstzeiten die Gehaltseinstufung (Verwendungs- bzw. Beschäftigungsgruppe) überprüfen.

"Ein erheblicher Anteil von Beschäftigten weiß gar nicht, dass es eine kollektivvertragliche Gehaltsregelung gibt", betonte Meinungsforscher Georg Michenthaler. Ein Viertel (24 Prozent) weiß der Umfrage zufolge nichts von der Regelung für seine Branche - bei Frauen sind mit knapp über der Hälfte (51 Prozent) mehr als doppelt so viele nicht entsprechend informiert. "Es gibt ein hohes Maß an Nicht-Anrechnung, aber auch ein hohes Maß an Nicht-Information."

Wenig Wissen über zustehende Gehälter

Frauen arbeiten den Angaben zufolge meist in Kleinbetrieben, im Handel, Tourismus, Kleingewerbe, Sozial- und Gesundheitsbereich - Männer in der Industrie und im Großgewerbe. Fast die Hälfte (47 Prozent) der ArbeitnehmerInnen weiß gar nicht, welches Gehalt ihnen zusteht. "Sie verlassen sich auf die ArbeitgeberInnen, dass es schon passen wird", berichtete der Meinungsforscher. Rund ein Drittel der Befragten weiß, dass sie zu niedrig eingestuft sind, unternehmen aber nichts dagegen. (APA, 16.4.2012)