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Der VfGH wird im Herbst darüber entscheiden, ob das Verbot der künstlichen Befruchtung für Alleinerziehene und Homosexuelle verfassungskonform ist.

Foto: dpa/Hirschberger

Wien - Die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt spricht sich für die Zulassung künstlicher Befruchtung für lesbische Paare und alleinstehende Frauen aus. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) prüft derzeit das entsprechende Verbot auf Antrag des Obersten Gerichtshofes (OGH) und hatte dazu eine Stellungnahme der Bioethikkommission erbeten. Mit einer Entscheidung des Höchstgerichts dürfte im Laufe des Herbstes zu rechnen sein. Wie sich die Meinung der Bioethikkommission auf die Entscheidung des VfGH auswirken wird, lässt sich freilich noch nicht abschätzen.

Mit dem Gesetz über die Eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare gab es auch eine Änderung des sogenannten Fortpflanzungsmedizingesetzes. Dort heißt es: "Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig." Damit dürfen gleichgeschlechtliche Paare keine künstliche Befruchtung in Anspruch nehmen. 

VfGH bat um Hilfe

Der VfGH hatte die Bioethikkommission eingeladen, sich zur Frage zu äußern, ob und unter welchen Umständen die derzeitige gesetzliche Beschränkung auf nicht alleinstehende Personen und auf Partner verschiedenen Geschlechts zu rechtfertigen ist.

19 der 25 Mitglieder gegen Verbot

19 der 25 Mitglieder der Ethikkommission kamen zu dem Schluss, dass es keine Umstände gebe, die eine Benachteiligung von homosexuellen Paaren oder alleinerziehenden Frauen begründen können. Die Kommission räumt zwar ein, dass es "zweifellos gerechtfertigt" sei gleichgeschlechtliche Paare von der künstlichen Befruchtung auszuschließen, wenn das Kind in seiner Entwicklung bei diesen Paaren Schaden nimmt. Es gäbe allerdings mehrere Studien die untermauern, dass das nicht der Fall sei. "Auf diesen empirischen Erfahrungen basierende Studien zeigen, dass sich Kinder und Jugendliche aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nicht wesentlich von Kindern und Jugendlichen unterscheiden, die bei verschiedengeschlechtlichen Paaren aufwachsen", heißt es in der Stellungnahme. Repräsentative Gegenstudien liegen laut der Kommission bisher nicht vor. Entscheidend für die Kinder sei die Qualität der Beziehungen der Familie.

Auch das Argument, dass Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren eher Diskriminierungen ausgesetzt sind, sehen die Mitglieder der Kommission nicht als Grund, künstliche Befruchtung zu verbieten. Folge man dieser Argumentation, müsste man allen Menschen, die einer diskriminierten Gruppe angehören, von künstlicher Befruchtung ausschließen. 

Fehlende Vaterfigur kein Argument

Dass bei lesbischen Frauen die Vaterfigur fehle, sei ebenfalls kein Argument für ein Verbot. "Vaterlosigkeit ist keine Seltenheit", heißt es. Zudem seien Mütter nach dem Gesetz ausdrücklich dazu berechtigt, den Namen des Vaters nicht bekannt zu geben. "Die Bioethikkommission kann nicht sehen, warum die Vaterlosigkeit eines Kindes gerade bei lesbischen Paaren schädlich sein soll", lautet das Argument. Aus denselben Gründen lehnt die Kommission auch ein Verbot der künstlichen Befruchtung für alleinerziehende Mütter ab. "Da für die Entwicklung eines Kindes nicht die Zusammensetzung der Familie, sondern die innerfamiliäre Beziehungsqualität entscheidend ist, könne sich Kinder alleinstehender Frauen ebenso günstig entwickeln wie Kinder in 'traditionellen' Familien", schreiben die Kommissionsmitglieder. 

Sechs Gegner

Sechs Mitglieder der Kommission haben eine abweichende Auffassung zu dem Thema. Sie argumentieren, dass der Gesetzgeber in Zusammenhang mit künstlichen Befruchtungen "Verantwortung über das soziale Umfeld" übernimmt. Der Fortpflanzungswille sei zudem dem Kindeswohl gegenüberzustellen. Es gäbe noch keine klaren und eindeutigen Studien, die belegen, dass die Entwicklung von Kindern bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht leide. "Es gibt nach wie vor Unsicherheiten und beträchtliche Spannungen in den Ergebnissen", heißt es in den Ausführungen. 

Lesbisches Paar will Samenspende durchsetzen

Bei dem Fall des VfGH geht es um ein lesbisches Paar, das über eine Samenspende ein Kind bekommen will und versucht, dies rechtlich durchsetzen. Ein entsprechender Antrag wurde vom zuständigen Bezirksgericht abgewiesen, das Landesgericht bestätigte die Abweisung. Der OGH stellte dann allerdings vergangenes Jahr an den VfGH den Antrag, die Wortfolge "von Personen verschiedenen Geschlechts" im Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben. Argumentiert wird vom OGH mit mehreren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).

Heinisch-Hosek erfreut

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) begrüßt die "klare Position der Bioethikkommission", die sich für die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung für alleinstehende und lesbische Frauen ausgesprochen hat. "Es ist höchste Zeit, dass das Fortpflanzungsverbot für alleinstehende und lesbische Frauen fällt. Dafür werde ich mich weiterhin politisch stark machen", kündigte Heinisch-Hosek in einer Aussendung am Mittwoch an. Auch Gesundheitsminister Alois Stöger hat sich bereits für eine Aufhebung des Verbots ausgesprochen.

Der Katholische Familienverband lehnt künstliche Befruchtung für Alleinstehende und homosexuelle Paare ab. Eine Umsetzung der Empfehlung der Bioethikkommission würde "das Kindeswohl außer Acht lassen", hieß es in einer Aussendung.

Die Bioethikkommission untersteht dem Bundeskanzleramt. In dem Gremien sitzen hauptsächlich Universitätsprofessoren für verschiedene medizinische Fächer. (APA/lis, dieStandard.at, 18.4.2011)