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Erdogan plant bis zum Sommer ein faktisches Abtreibungsverbot für Türkinnen.

Foto: APA/T. MUGHAL

Istanbul - In der Türkei verschärft sich der Streit um Pläne der Regierung zur Einschränkung des Rechts auf Abtreibung. Wie der Nachrichtensender CNN-Türk am Freitag berichtete, gab es bei einer Kundgebung gegen die Regierungspläne im westtürkischen Eskisehir handgreifliche Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrantinnen. Acht Kundgebungsteilnehmerinnen wurden demnach festgenommen. Die Regierung will die Frist für Abtreibungen von der zehnten auf die vierte Schwangerschaftswoche senken und Abtreibungen nur noch in medizinischen Notfällen zulassen.

Schnellschuss von Erdogan

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte Abtreibungen in der vergangenen Woche mit einem Massaker an Zivilisten verglichen und seiner Regierung aufgetragen, einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der bestehenden Abtreibungsregeln auszuarbeiten. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums soll das neue Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Juli beschlossen werden. Frauenverbände reagierten entsetzt.

Offen bleibt, ob Abtreibungen auch im Fall von Vergewaltigungen verboten werden sollen. Einige PolitikerInnen aus Erdogans islamisch-konservativer Regierungspartei AKP fordern dies laut Presseberichten. Der zuständige Gesundheitsminister Akdag erklärte, es solle grundsätzlich nur noch Abtreibungen geben, die medizinisch notwendig seien.

Kaiserschnitt-Rate im Visier

Neben Abtreibungen ist der türkischen Regierung auch die hohe Zahl der Kaiserschnitte ein Dorn im Auge. In manchen türkischen Kliniken kommen neun von zehn Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt. In der gesamten Türkei entscheidet sich rund die Hälfte der Schwangeren für einen Kaiserschnitt. Laut "Tagesspiegel" bezeichnete Erdogan die hohen Kaiserschnittraten als Teil einer Verschwörung, die das Ziel habe, ein "gesundes Bevölkerungswachstum" in der Türkei zu verhindern. Schließlich könne eine Frau nach einem Kaiserschnitt höchstens noch ein weiteres Kind bekommen.

Gesetzliche Regelung

Abtreibungen sind in der Türkei seit dem Jahr 1983 legal. Nach der derzeit geltenden Fristenregelung kann eine Frau eine Abtreibung bis zur zehnten Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen vornehmen lassen.  (APA/red, 1.6.2012)