Wien - Die Vereinbarung zwischen einer Prostituierten und ihrem Freier und damit Geld für Sex ist nicht mehr generell sittenwidrig. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden. Prostituierte können damit ihren Lohn einklagen, wie "Die Presse" am Freitag online und in ihrer Samstagsausgabe - einen Tage vor dem "Internationalen Hurentag" - berichtete.

Wurde eine sexuelle Handlung gegen vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen oder geduldet, so begründet diese Vereinbarung eine klagbare Entgeltforderung, urteilte der OGH nach der Klage eines Kellners in einem Villacher Nachtclub, der Prostituierten immer wieder Geld vorgeschossen hatte, das ein Freier schuldig geblieben war. Dieser habe zwar als Stammgast gelegentlich anschreiben lassen und sozusagen zur Sicherheit die Bankomatkarte seiner Mutter hinterlassen. Als der Gast seine Schulden nicht mehr beglich und die Bankomatkarte gesperrt wurde, klagte der Kellner auf rund 12.000 Euro, wovon gut die Hälfte der Prostituierten zustand, der Rest auf Konsumationen zurückzuführen war.

Letzte OGH-Entscheidung 1989

Das Landesgericht Klagenfurt gewährte dem Kellner 3.000 Euro als Ersatz für Konsumationen und befand, das Entgelt für Prostituiertenleistungen könne man nicht einklagen, da es sich um ein sittenwidriges Geschäft handle. Das Oberlandesgericht Graz bestätigte zwar dieses Urteil, sprach aber aus, dass der Weg zum Höchstgericht zulässig sei: Denn die letzte Entscheidung, in der der OGH ein Entgelt für Geschlechtsverkehr als sittenwidrig erachtete, ging auf das Jahr 1989 zurück. Nun konnte der OGH aus dem geltenden Recht keine Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit finden. Rahmenbedingungen für Prostitution und Bordelle seien schließlich durch landesgesetzliche Vorschriften geregelt. Eines bleibt gleich: Sex ist, selbst nach einer vertraglichen Vereinbarung, nicht gerichtlich einklagbar.

Forderung nach Bundesgesetz

"Das OGH-Urteil, das die generelle Sittenwidrigkeit von Prostituierten verneint, ist ein Schritt in die richtige Richtung", meint die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger in einer ersten Reaktion auf das OGH-Urteil via Aussendung. Jetzt gelte es einen bundesgesetzlichen Rahmen zu schaffen, so die SPÖ-Politikerin weiter. "Aus frauenpolitischer Sicht ist es notwendig, dass Prostituierte in einem geregelten Verhältnis arbeiten können und rechtlich abgesichert sind. Frauen müssen sicher und selbstbestimmt der Sexarbeit nachgehen können, damit sie vor Ausbeutung besser geschützt sind", erklärt Frauenberger abschließend. (APA, red, 1.6.2012)