Die Medieninhalte von fünf großen Tageszeitungen wurden ausgewertet: DER STANDARD, Presse, Kurier, Krone und Österreich.

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Das Themenranking der frauenrelevanten Berichterstattung im Mai 2012.

Grafik: MediaAffairs

Wer spricht in den Medien über Frauenthemen? Gabriele Heinisch-Hosek bekommt als Frauenministerin die meiste mediale Aufmerksamkeit.

Foto: MediaAffairs

Wie wichtig werden Frauenthemen in der tagesaktuellen Presse genommen? Eine Medienanalyse der Agentur media affairs wirft in ihrem Medienbrief erstmals einen Blick auf Ausmaß und Tendenz von frauenzentrierter Berichterstattung.

Dafür wurden alle Medieninhalte von fünf großen Tageszeitungen Printmedien (DER STANDARD, Presse, Kurier, Krone und Österreich) im Monat Mai beobachtet und tagesaktuell ausgewertet.

27.000 Wörter frauenzentrierte Berichterstattung wurden in den untersuchten Medien erfasst. Im Vergleich: Über den Bereich Schule und Bildung wurden im gleichen Zeitraum knapp 34.000 Wörter geschrieben. "Vor dem Hintergrund, dass sich im Mai bildungspolitisch - Stichwort Zentralmatura - sehr viel getan hat, ist die beinahe so starke Berichterstattung über Frauen ein auffällig hoher Wert", kommentiert die zuständige Projektleiterin Maria Pernegger gegenüber dieStandard.at das Ergebnis.

Welche Themen dominieren?

Dem Themenranking kann entnommen werden, dass das Thema Kinderbetreuung immer noch als Frauenthema rezipiert wird. Es war das mit Abstand am häufigsten gespielte Thema im Untersuchungsraum (siehe Grafik links).

Den zweitgrößten Posten machte die Kategorie "starke Frauen" aus, also Porträtreihen von Frauen, die es trotz widriger Umstände in Männderdomänen geschafft haben. Fast gleichauf war die Thematisierung der Mutterrolle mit der Diskussion der Quotenregelung, wobei letzteres als aktuellstes Thema der Frauenpolitik gewertet werden kann.

Momentaufnahme

"Insgesamt war ich über die Breite der Themen überrascht", so Pernegger. Vor allem die Häufigkeit, mit der Prostitution behandelt wurde, war für die Medienforscherin unerwartet.

Dass am 2. Juni der Internationale Hurentag begangen wird, könnte das Ergebnis beeinflusst haben, so Pernegger. "In den meisten Politikfeldern gibt es starke Schwankungen beim Umfang abhängig vom tagesaktuellen Geschehen". Allgemeinere Aussagen werden deshalb erst nach einem längeren Untersuchungsraum möglich sein.

Unterschied Qualitäts- und Boulevardseiten

Bereits nach der ersten Untersuchung zeigte sich allerdings ein großer Unterschied bei der Herangehensweise von Qualitäts- und Boulevard-Medien, wobei die Qualitätsmedien hier klar die Nase vorn haben - sowohl was die Quantität als auch die Qualität betrifft.

75 Prozent der Frauenberichterstattung entstammt etwa den Qualitätsmedien STANDARD, Presse und Kurier und auch die Themenvielfalt ist um einiges breiter als bei den Boulevardmedien Krone und Österreich. Drastischer wird der Unterschied noch, wenn man sich nur die Frauenpolitikberichterstattung anschaut: diese spielt sich zu fast 90 Prozent in den Qualitätsmedien ab.

Während der Kurier sich mit seinen vielen Porträts über "starke Frauen" im Mai als Medium mit den meisten Fraueninhalten positionierte, sind es vor allem Presse und Standard, die die politische Öffentlichkeit mit frauenpolitischer Expertise und Debatten bereichern. Gut 80 Prozent der Frauenberichterstattung in den Qualitätsmedien drängen inhaltlich auf die Gleichstellung und Aufwertung von Frauen in Beruf und Gesellschaft und können somit als Beitrag zur Emanzipation von Frauen gewertet werden.

Auffällig an den Boulevardmedien ist, dass sie einem traditionelleren Frauenbild verhaftet sind. Sie beschäftigen sich überproportional mit der Mutterrolle und Themen, die Rollenklischees unterstreichen sollen.

Frauenthemen sind Frauensache

Die Studie ging außerdem der Frage nach, wer in den Medien Frauenthemen trägt. Diese sind, wenig erstaunlich, fast ausschließlich Frauen. Die SPÖ mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek dominiert mit über 50 Prozent die frauenpolitische Berichterstattung, nach ihr folgen mit 20 Prozent die Grünen mit Chefin Eva Glawischnig. Die ÖVP tritt an dritter Stelle mit den "ÖVP-Ländern" zutage, FPÖ und BZÖ sind im Mai mit frauenpolitischen Themen kaum vertreten.

Frauenorganisationen kommen als Gesprächspartnerinnen insgesamt selten vor und wenn, dann ausschließlich in Qualitätsmedien.

Herausgefunden hat die Studie zudem, dass zwei Drittel der Frauenberichterstattung von den Medien eigeninitiiert stattfand. Dies und der relativ große Umfang der Berichterstattung stimmt Pernegger positiv: "Die Medien stehen frauenrechtlichen Themen offenbar mit Engagement und Interesse gegenüber". (red, dieStandard.at, 18.6.2012)