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Frau frisst Kategorie: "Stark" ist überholt.

Foto: REUTERS/Ali Jarekji

Überrascht es Sie, welche Ergebnisse uns der erste "Frauen und Medien"-Bericht für Mai präsentiert? Dass in Österreich Kinder die Berichterstattung über Frauen bestimmen? Und jetzt stellen Sie sich vor, dasselbe würde für Berichterstattung über Männer zutreffen. Das wäre eine große Meldung wert! Zugegeben, eines der Topthemen im Mai war der Vorschlag der Frauenministerin, die Karenzzeiten zu verkürzen. Das betrifft in Österreich weit mehr Mütter als Väter, und erklärt, auch vor dem Hintergrund des unzureichenden Ausbaus der Kinderbetreuungsplätze, die Spitzenposition in der medialen Aufarbeitung in Österreichs Tageszeitungen allemal.

Apropos Mütter: Dass der zweithäufigste Zusammenhang, in dem Frauen vorkommen, gleich der des Mutterseins ist - das ist den Boulevardblättern wie der Kronen Zeitung zu verdanken. Jedes Jahr dieselbe Idylle im Alpenland, dargestellt im Kleinformat. Weil ja jedes Jahr Muttertag ist! Der Tag, an dem dem lieben Mutterlein gedankt wird für ihre Aufopferung, die selbstverständlich ist. Damit die Mama auch mal zur Ruhe kommt, um am Tag danach bis zum nächsten gestatteten Ruhetag wieder reinhackeln zu können.

Dass in der Berichterstattung der analysierten Tageszeitungen diese eindeutige Schwergewichtung und Verknüpfung der Frauen mit ihrem reproduktiven Auftrag nicht stärker durch Berichterstattung über "Frauen am Arbeitsmarkt" aufgebrochen wird, irritiert schon eher. Der Themenkomplex taucht erst an neunter Stelle auf. Allein auf die Dominanz der Kinderbetreuung, in die immer auch Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingewoben ist, zu verweisen, greift zu kurz, weil hier Frauenerwerbsarbeit nicht strukturell und eingehender beleuchtet wird. Das würde tatsächlich nur Berichterstattung, die genauer hinschaut, leisten können.

Aber beim Thema Arbeitsmarktpolitik werden - im Gegensatz zu Kinderbetreuung/Familienpolitik - Frauen "mitgedacht". Trotz Einkommensschere, kleinem Berufswahlspektrum und stark feminisierter Berufe, die geprägt von Niedrig(er als Männerberufe)-Löhnen sind. Trotz immer prekärer werdenden Strukturen, in denen die Massen von Billa-Kassiererinnen, Verkäuferinnen, Putzfrauen, Kindergärtnerinnen, Friseurinnen untergehen. 

Wenn die doch nur zu den "starken Frauen" gehören würden! Letztere werden nämlich laut Bericht sehr oft in Wort und Bild gesetzt (im Themenranking an zweiter Stelle). Stark sind diese Frauen deswegen, weil sie sich in Männerdomänen, also den "wirklich harten" Branchen, durchsetzen konnten. Echte Vorbilder, keine Frage, aber ebenso klar: Sie werden als wertvolle Ausnahmeerscheinungen gehandelt, und das darf gerne als Kritik aufgefasst werden. Schließlich bilden sie Vereinzelungen ab, und haben nichts mit den typischen erwerbstätigen Frauen im Land zu tun. Die genauso "stark" sein müssen, und nicht weniger wert sind.

Eigentlich könnte diese Synonymisierung den Verkäuferinnen, Putzfrauen, Kindergärtnerinnen sogar ziemlich stinken, schließlich liegt der Umkehrschluss nahe: Wenn die einen - und mit ihnen haben wir nicht viel gemein - starke Frauen sind, sind wir also die schwachen Frauen? (bto/dieStandard.at, 19.6.2012)