Die neue Generation "hübscher Forscherinnen"?

Foto: Screenshot / YouTube

Sie heißen "FIT", "Girls' Day" oder "mut!". An Initiativen, die Mädchen und Frauen für technische oder naturwissenschaftliche Berufe begeistern sollen, mangelt es nicht. Doch leider noch immer an Frauen in diesen Berufssparten. Aber vielleicht braucht dieses Unterfangen ja Weile und die Kampagnen zeigen erst in einigen Jahren Wirkung.

Von einer Kampagne möchte frau allerdings nicht unbedingt, dass sie Mädchen dort abholt, wo sie das Gender Marketing der Werbeindustrie gern abstellt: in der Glitzer-Glossy-Modewelt. Die Initiative der Europäischen Kommission "Science: It's a girl thing!" tut genau das.

Die Website erinnert auf den ersten Blick an die Werbelinie der Pflegeprodukte von Bebe, die mit kichernden Mädchen ihre Cremes und Waschlotionen an die junge Frau bringen will. In diesem Stil will auch "Science: It's a girl thing!" Mädchen, die sich gerade über ihr Rollenbild oder ihre berufliche Identifikation klar werden sollen, ausgerechnet mit einem Lippenstift im Logo und pastellig-pinken Farben für männerdominierte Berufe begeistern.

Brille und weißer Kittel

Besonders negative Aufmerksamkeiten bekam die Initiative der Europäischen Kommission allerdings für das Kampagnen-Video. Dieses lässt sowohl in Sachen Bilder von WissenschaftlerInnen als auch in Hinblick auf Geschlechterstereotypen kein Klischee aus. In kurzen Röcken und High Heels stöckeln drei Mädchen auf einen – no na – brillentragenden, weiß gekittelten Forscher zu, der verstört bis neugierig von seinem – was sonst – Mikroskop aufschaut.

Was dann folgt, ist eine Abfolge von Großaufnahmen von Lippenstiften, Laborreagenzien und Gesichtspuder, dazwischen wackeln die Mädchen mit den Hüften oder verteilen Luftküsse.

Kritik am Video

Warum Mädchen einmal mehr vermittelt wird, dass sie hübsch sein müssen? Noch dazu in einem Video, das das Interesse an wissenschaftlicher Arbeit wecken soll? Diese Kritik an dem Video kam von Meghan Gray, Astronomin an der Universität Nottingham, die sie auch über Youtube publik machte. Das Video biete eine Parade von Stereotypen, wie und was Mädchen zu sein hätten, was an der beabsichtigten Botschaft des Projektes völlig vorbeigehen würde.

Doch wie auch Meghan Gray in dem Video andeutet, heißt das alles noch nicht, dass das Projekt an sich nutzlos ist. Dass jedoch eine derartige "Stereotypen-Parade" die Arbeit des Projektes repräsentieren soll – damit dürften sich inzwischen wohl auch die Projekt-Verantwortlichen unwohl fühlen. Die EU-Kommission hat das Video mittlerweile von der Projekt-Website genommen und Forscherinnen dazu eingeladen, auf Twitter Mitglied von #realwomeninscience zu werden. Dort kann frau an einem realistischeren Forscherinnen-Bild mitarbeiten.

Doch die eigentlichen Adressatinnen, die angesprochenen Mädchen, werden hier wohl kaum ihre Vorstellungen vom Beruf der Wissenschaftlerin twittern. Auch wissen wir nicht, ob und wie sich Mädchen an der Schwelle zu ihrer beruflichen Zukunft von einem solchen Video angesprochen fühlen. Doch eines wissen wir mit Sicherheit: Es ist keine gute Idee, Klischees mit Klischees bekämpfen zu wollen.

Das scheint sich mittlerweile auch auf EU-Ebene herumgesprochen zu haben. Doch um dem Nachdruck zu verleihen, gibt's vorsichtshalber noch unseren Denkzettel: "Zitrone: It's a feminist thing! (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 27.6.2012)