Für ihren Film "Die Lust der Männer" hatte es Regisseurin Gabi Schweiger ungleich schwerer, Protagonisten zu finden.

Foto: ORF/Geyrhalter Film/NGF Geyrhalterfilm

Wie leben Menschen jenseits der 60 ihre Sexualität? Diese Frage beschäftigt die Filmemacherin Gabi Schweiger. Vergangenes Jahr brachte sie dazu fünf Frauen auf die Leinwand, die in der Dokumentation "Die Lust der Frauen" offen und selbstbewusst aus dem Nähkästchen plauderten und wohl so manches Vorurteil von Jüngeren erschütterten - insbesondere was das oft als bescheiden attestierte Verlangen von Frauen jenseits der Wechseljahre betrifft.

Geplant hatte die Regisseurin eine weitere Dokumentation über Sexualität im Alter eigentlich nicht. Erst durch die Reaktionen des Publikums kam die Idee auf, auch die "Lust der Männer" genauer unter die Lupe zu nehmen.

Keiner redet darüber

"Grundsätzlich muss man schon sagen, dass das Thema bei Männern anders gelagert ist", sagt Schweiger gegenüber dieStandard.at. "Das Tabu der männlichen Alterslust gibt es kaum - niemand findet es seltsam, wenn ein 60- oder 65-Jähriger Sex hat." Trotzdem kam von vielen die Reaktion auf ihren ersten Film: Die Männer haben es auch nicht so leicht. "Auch einige Freunde meinten, dass keiner darüber redet, wenn es mit der Potenz nicht mehr so hinhaut oder die Lust weniger wird." 

Das spiegelte sich für die Filmemacherin auch in ihrer Protagonistensuche wider. Für "Die Lust der Männer" war es ungleich schwieriger, jemanden zu finden, der offen über Erfahrungen und Schwierigkeiten sprechen wollte. "Vielleicht liegt es daran, dass Männer weniger darin geübt sind, über ihre Gefühle zu sprechen", so Schweiger.

Und die Emanzipation?

In "Die Lust der Frauen" kam eine Generation von Frauen zu Wort, die in sehr viel konservativeren Zeiten heranwuchs. Sexualität - vor allem die der Frauen - war ein Tabu und der Feminismus auch noch einige Jahre jünger. Dennoch zeigt der Film Frauen, die sich ihre Gleichberechtigung im Laufe ihres Lebens erkämpft haben - auch im Bett. Auch für ihren zweiten Film über die Lust im Alter wollte Schweiger progressive Menschen vor die Kamera holen. "Die Männer aus meinem Film sind kein Querschnitt durch die Gesellschaft, das waren schon ausgesuchte Männer", so Schweiger, die jene zu Wort kommen lassen wollte, die sich mit gesellschaftlichen Veränderungen auseinandergesetzt haben. Schweiger wollte positive Identifikationsfiguren für Männer zeigen, die "in meinen Augen ein geglücktes Altern - auch in Hinblick auf ihre Erotik - hinbekommen haben".

Wie auch schon beim ersten Teil wollte Schweiger wieder keine allzu homogene Gruppe haben und begab sich auf die Suche nach einem homosexuellen Mann jenseits der 60, was sich letztlich als die schwierigste Aufgabe herausstellte: "Dass es so schwer war, jemanden zu finden, der offen darüber spricht, hat mir gezeigt, wie tief in dieser Generation die Angst vor Diskriminierung sitzt." (beaha, dieStandard.at, 5.7.2012)