Bild nicht mehr verfügbar.

Tatort Sandkiste: War da noch jemand?

Foto: APA/dpa/Stephanie Pilick

dieMama meldet sich aus dem (Familien-)Urlaub zurück. Am ersten Tag in der städtischen Heimat konnte ich - wie sollte es anders sein - gleich wieder Einblicke in das soziale Gefüge "Spielplatz" gewinnen und dabei wichtige Erkenntnisse mitnehmen. Was ein paar Wochen im südlichen Ausland alles bewirken können!

Für diejenigen, die keine Kinder haben: Der Spielplatz ist der Ort, wo die Kinder ihren Spaß haben und die Eltern nicht. Meistens sitzen sie irgendwo am Rand im Schatten oder auf der Sandkiste und warten schlapp darauf, dass etwas passiert. Oder sie unterhalten sich mit befreundeten Eltern darüber, wie oft ihr Kind heute schon auf den Popsch gefallen ist oder dergleichen.

Kindersondierung

Fremde Kinder kommen da nicht in den Sinn. Sie tun zwar genau das Gleiche wie das eigene, aber dennoch besteht die Übereinkunft, dass man durch sie einfach hindurchschaut und das eigene dafür keine Sekunde aus dem Auge verliert.

So geschehen auch vor einiger Zeit an einem gut besuchten Wiener Spielplatz. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen Eltern und Kinder machen irgendwie alle das Gleiche, nur die Eltern wollen von den anderen Kindern nichts wissen. Warum einem fremden Kind den Wasserhahn öffnen? Soll doch sein Vater machen! Warum dem anderen kreischenden Kind aus dem Schlamm hochhelfen? So weit kommt's noch.

Keinen Millimeter weiter

Ist das strukturelle Kinderfeindlichkeit? Ich denke, ja. Das Interesse reicht eben gerade bis zum eigenen Nachwuchs, aber keinen Millimeter weiter. Richtig aufgefallen ist mir das erst, seit ich erfahren habe, wie viel aufmerksamer Kinder in anderen Ländern behandelt werden.

Hierzulande spielen dann aber glücklicherweise die Kleinen oft nicht mit. So auch an besagtem Nachmittag, wo ein vielleicht vier- oder fünfjähriger Bub von einem wesentlich kleineren Kind die Schaufel ausleihen wollte. Statt sie ihm einfach wegzunehmen, fragte er ganz höflich den Wache stehenden Vater, wie es mit der Verhandlungsstärke des Gegenübers aussehe: "Kann er schon Deutsch?"

Ein gestandener Österreicher kann mit so viel Selbstbewusstsein freilich wenig anfangen. Seine dümmlich-perplexe Antwort "Deitsch kan er scho, aber sprechn kan er no ned" wird mir als vollendeter Ausdruck österreichischer Sprach- und Bildungsstandards in lieber Erinnerung bleiben. (dieMama, dieStandard.at, 13.7.2012)